Rezension | Ich bin Gideon von Tamsyn Muir

Rezension | Ich bin Gideon von Tamsyn Muir

Titel: Ich bin Gideon | Originaltitel: Gideon the Ninth | Autor: Tamsyn Muir | Übersetzer: Kirsten Borchardt | Verlag: Heyne | Erscheinungsdatum: 13.04.2020 | Seitenzahl: 608

Gideon Nav reicht es. Sie hat genug von dem düsteren Planeten voller verknöcherter Nonnen, starrer Regeln und schwarzer Klamotten, auf dem sie aufgewachsen ist. Genug von einem Leben als Dienerin des Neunten Hauses. Vor allem aber hat sie genug von Harrowhark Nonagesimus, der Erbin eben jenes Hauses, die Gideon mit ihrer herrischen Art das Leben schwer macht. Also packt Gideon ihr Schwert und ihre Pornohefte ein, um endlich von diesem gottverlassenen Planeten zu verschwinden. Doch sie wird erwischt. Die Strafe für ihren Fluchtversuch ist unangenehm: Sie soll Harrowhark als Schwertmeisterin an den kaiserlichen Hof begleiten, wo diese, gemeinsam mit den Erben der anderen royalen Häuser, an einem Wettkampf auf Leben und Tod teilnimmt. Wenn sie den Untergang des Neunten Hauses und ihres Planeten verhindern wollen, müssen die beiden wohl oder übel zusammenarbeiten. Und das, obwohl sie einander auf den Tod nicht ausstehen können – oder?

Vielen Dank an den Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars!

Ich habe mich so wahnsinnig auf dieses Buch gefreut und war schon sehr gespannt. Was ich mir versprochen habe? Ein außergewöhnliches Abenteuer!

„Kleiner“ als erwartet

Der Einstieg bietet erst einmal viele Möglichkeiten, in die die Geschichte gehen könnte und macht erst einmal Lust auf mehr. Die Charaktere scheinen noch sehr undurchsichtig und gerade das sorgt für das gewisse Kribbeln. Nach und nach verschließen sich die großen Möglichkeiten aber wieder. Tamsyn Muir hat hier auf jeden Fall eine interessante Welt geschaffen, nur war sie eben wesentlich überschaubarer, als ich es mir erhofft hatte. Das muss nicht unbedingt schlecht sein, kann aber definitiv für kleine Enttäuschungen sorgen.

So hatte ich ein krasses Worldbuilding und abgefahrene Charaktere erwartet und immerhin Letzteres wurde doch recht gut bedient. Zwischenzeitlich habe ich fast den Überblick verloren, Gideon selbst ist einfach unglaublich energiegeladen, doch mit dem Fokus auf die junge Kämpferin verschafft man sich schnell wieder ein überschaubares Bild, wird aber dennoch an der einen oder anderen Stelle überrascht.
Die Aufmachung vom Buch und die Erwartungen, die dahinter stehen, haben sicherlich nicht nur mich angelockt. Für Unterhaltung sorgt ein gewisser Charme, wenn man ihn so nennen kann, durchaus, doch die meisten Aspekte sind nicht wirklich neu, dafür aber ganz nett gestaltet.
Beim Worldbuilding hätte ich mir aber durchaus einfach noch mehr gewünscht, vor allem auch was die unterschiedlichen Häuser angeht – das Potenzial war auf jeden Fall da!

Mystery Thriller

Nachdem der Anfang doch recht actiongeladen war, war ich sehr gespannt, was folgen würde. Die weitere Entwicklung hat mich dann allerdings überrascht. Bei über 600 Seiten ist es natürlich auch nicht so leicht, durchgehend die Spannung zu halten, doch für meinen Geschmack waren es dennoch ein paar Längen zu viel. Generell hat sich die Handlung mehr in die Richtung Mystery-Thriller entwickelt, was an sich überhaupt nicht negativ zu bewerten wäre, nur habe ich mich hier einfach auf etwas anderes eingestellt.

Zwischen Gideon und der Herrin des neunten Hauses besteht definitiv eine ganz besondere Beziehung, dieser zwischenmenschliche Teil war zwar auch gut hin und her gerissen, hat mir aber wohl mit am besten in der Geschichte gefallen.

Im Großen und Ganzen habe ich ein außergewöhnliches Abenteuer erwartet und das mehr oder weniger eigentlich auch bekommen. Es war nur eben ganz anders als erwartet. Trotz der derben Sprache und der Gewalt spricht die Geschichte auf jeden Fall auch jüngere Leser an, denn ganz so verschachtelt ist die Geschichte nicht, wie man auf den ersten Blick annehmen könnte. Wer ein bisschen Durchhaltevermögen aufbringen kann und auf Badass Charaktere mit weichem Kern steht, der sollte sich dieses Buch auf jeden Fall mal genauer ansehen.

Mit Ich bin Gideon hat Tamsyn Muir durchaus ein außergewöhnliches Abenteuer geschaffen, nur nicht ganz so ausgeschmückt, wie ich es erwartet hätte. Trotz der Gewalt und der derben Sprache wird hier definitiv auch ein jüngeres Publikum angesprochen. Denn Story und Charaktere sorgen für Unterhaltung, verlieren sich aber nicht zu sehr im Detail. Das Worldbuiding hatte in meinen Augen auf jeden Fall noch mehr Potenzial, doch ein Blick ist das Buch definitiv trotzdem wert!

KAUFEN!

AUCH REZENSIERT VON: Der Büchernarr | Medienjournal | Der Standard

Kommentar verfassen