Rezension | Charlotte & Ben von Erin Entrada Kelly

Ein Freund ist der größte Schatz, den’s gibt

Charlotte und Ben haben viel gemeinsam: Sie sind hochbegabt, haben Sorgen um ihre Eltern, sind nicht gerade beliebt und versuchen die Schule ohne allzu viele Kratzer zu überstehen. Kennengelernt haben sie sich beim Online Scrabble. Und ohne sich jemals gesehen zu haben – schließlich liegen zwischen ihren Wohnorten mehr als 2.000 km – erzählen sich Charlotte und Ben am Telefon ganz viel über sich selbst. Allerdings hat das, was sie sich erzählen, nicht immer etwas mit der Wahrheit zu tun. Sie nutzen die Chance, die Person zu sein, die sie gern wären. Dabei merken sie, dass der zu sein, der man ist, viel besser ist, als der zu sein, den andere aus einem machen wollen.

Vielen Dank an den Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars!

So ganz hatte ich diese Geschichte gar nicht mehr auf dem Schirm, habe mich aber natürlich sehr gefreut, als sie mich erreicht hat. Auch, wenn das Thema „Freundschaft“ für manche nicht ganz so außergewöhnlich wirkt, so finde ich es enorm wichtig, vor allem für die hier gewählte Zielgruppe.

Interessanter Einstieg

Irgendwie hatte ich mich hier eher auf ein Jugendbuch, als auf ein Kinderbuch eingestellt und war dann doch überrascht nach den ersten Seiten. Wenn ich ganz ehrlich bin, war ich zuerst sogar ein wenig traurig, weil ich nicht einschätzen konnte, ob die Geschichte dann auch die Tiefe erreichen wird, die ich mir erhofft habe. Nach wenigen Seiten ist man aber einfach drin, hin und her gerissen zwischen Charlotte und Ben, steckt in ganz unterschiedlichen Situationen und merkt schnell, wie auch Alltagssituationen für eine entsprechende Intensität sorgen können.

Erin Entrada Kelly hat einen wirklich schönen Schreibstil, der es schafft, die Besonderheiten der beiden jungen Charaktere zu beleuchten und auch die Unterschiede zu betonen, zeitgleich aber wirklich leicht und schön, wodurch man die Geschichte unglaublich schnell weglesen kann. Es fällt gar nicht wirklich auf, wie schnell man über die Seiten fliegt, weil es trotz der schwierigen und traurigen Abschnitte, dennoch auch einen gewissen Wohlfühlfaktor hat.

Generell wird hier ein großer Fokus auf die kleinen Dingen gerichtet. Man merkt selbst, wie wichtig die Wahrnehmung ist, wie schnell solche Geschehnisse im Alltag untergehen und welche Kraft und welchen Wert sie eigentlich haben.

Zwei Perspektiven, zwei Geschichten

Ganz interessant fand ich hier, dass Charlotte & Ben gar nicht eine Freundschaft wie im herkömmlichen Sinne führen und auch die Berührungspunkte sehr knapp gehalten sind. Teilweise wird die Verbindung hier eher als Möglichkeit genutzt, die beiden Charaktere auf ihre ganz eigene Art und Weise darzustellen.

Charlotte und Ben sind an sich komplett verschieden, doch eins verbindet sie scheinbar: Was die beiden so besonders und einzigartig macht, sie auszeichnet, sorgt leider auch dafür, dass sie sich von der „großen Masse“ unterscheiden und es wirklich nicht leicht haben. Es ist kein großer Knall auf den die Story hinarbeitet, sondern wie bereits erwähnt eher die kleinen Dingen, die sich summieren und ein großes Ganzes ergeben. Mehr als einmal sind mir die Tränen gekommen, weil Menschen einfach furchtbar gemein und grausam sein können, nur weil sie nicht akzeptieren können, wenn jemand nicht ist wie sie.

Die Geschichte gibt trotz ihrer Leichtigkeit kein rasantes Tempo vor, sondern lebt einfach. So war es hier vor allem die Authentizität, die ich genossen habe und die beiden jungen Protagonisten, die ich einfach ins Herz schließen musste. Es ist nicht wirklich eine Handlung, die einen danach prägt, sondern eher vom Leben berichtet und wieder daran erinnert.

Erin Entrada Kelly konnte mich mit ihrer Geschichte rund um das Leben und der Freundschaft zwischen Charlotte & Ben wirklich beruhigen. Eine Geschichte, die wieder einmal aufzeigt, welche Dinge im Leben wirklich wichtig sind und den Wert von vermeintlich kleinen Dingen aufzeigt.