Rezension | Niemals von Bruno Duhamel
Titel: Niemals | Autor*in: Bruno Duhamel | Übersetzer: Lilian Pithan | Illustrator: Bruno Duhamel | Verlag: Avant-Verlag | Erscheinungsdatum: 01.03.2021 | Seitenzahl: 64
Madeleine lebt zusammen mit ihrer dicken Katze Balthazar und den Erinnerungen an ihren verstorbenen Ehemann Jules in einem kleinen Haus an der Steilküste von Troumesnil, einem Badeort in der Normandie. Doch das Haus und ihre Bewohnerin schweben in Gefahr: etliche andere Küstenhäuser wurden in den letzten Jahren durch die voranschreitende Erosion bereits in die Tiefe gerissen.
Die junggebliebene 95-jährige, die von Geburt an blind ist, ignoriert die Gefahr. Ins Altenheim, wie vom Bürgermeister vorgeschlagen, will sich Madeleine auf keinen Fall umsiedeln lassen. Das wäre ja noch schöner!
Gewinner des Francomic-Wettbewerbs 2020
Vielen Dank an den Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars!
Es gibt so Geschichten, die hat man noch nicht einmal gelesen, aber ahnt schon, dass sie einen genau ins Herz treffen – und genau das Gefühl hatte ich hier.
Die schrullige alte Dame
Der Wandel der Natur macht auch vor Troumesnil, einem Badeort in der Normandie, keinen Halt.
Akut betroffen ist das Haus der Witwe Madeleine, die in ihrem Häuschen direkt an der Steilküste lebt.
Alle scheinen die nahende Gefahr zu erkennen, nur Madeleine will dies scheinbar nicht wahrhaben.
Jegliche Bemühungen des Bürgermeistern scheitern und alle sehen scheinbar nur die alte schrullige Dame. Und dann auch noch blin! Also ganz klar hilfsbedürftig und überfordert…oder eben auch nicht.
Worum geht es also in dem Comic Niemals? Um den Klimawandel und wie sich die Natur verändert? Um eine alte Dame, die zu trotzen scheint? Oder vielleicht eher um ein Gemeinschaftsgefüge, das noch den einen oder anderen Anstoß braucht?
Auf jeden Fall verpasst Bruno Duhamel dem Ganzen unglaublich viel Farbe und Leben und scheint den Leser gerade dadurch einzuladen, sich selbst ein Bild zu machen, über viele kleine Details zu stolpern, zu schmunzeln und auch mal den eigenen Gedanken nachzuhängen und daraus etwas mitzunehmen.
Von Mitgefühl
Madeleine ist alles andere als das, was der Bürgermeister und wahrscheinlich auch einige andere in ihr sehen. Denn Mitleid und vor allem Bevormundung ist das letzte, was die Frau braucht.
Dem Tod ihres Mannes hängt Madeleine wahnsinnig nach und so bekommt man auch Einblicke in ihr Leben, in das sie sich nicht reinreden lassen möchte und das sie hauptsächlich mit ihrem Kater Balthazar verbringt.
Viele scheinen die Schwelle zwischen Mitleid und Mitgefühl zu verkennen, dabei ist diese sehr groß, wie sich auch in dieser Geschichte zeigt.
Die Steilküste, auf der Madeleines Haus steht, bricht immer weiter ab, scheint aber auch symbolisch noch für ein bisschen mehr zu stehen. Generell erzählen die Bilder hier in vielen Szenen mehr, als man auf den ersten Blick erkennen und wahrscheinlich auch vermuten würde, so macht es umso mehr Spaß, sich auch wirklich darauf einzulassen und jede Seite in sich aufzunehmen. Zwar ist es teilweise eine eher ruhige Geschichte, dafür aber auch eine sehr starke, die gerade zum Ende hin einiges hervorruft.
Vor allem die Szenen zwischen Madeleine und ihrem dicken Kater haben mir unglaublich gut gefallen und schaffen es ausdrucksstark zum Vorschein zu bringen, dass man keineswegs sehen muss, um alles wirklich zu sehen.
Mit Niemals hat Bruno Duhamel eine wichtige Botschaft in einem unglaublich ansprechenden und unterhaltsamen Comic verpackt, bei dem einen das Herz aufgeht. Madeleine zu begleiten und einen genauen Blick auf das Alter und auch so einige Erkenntnisse, die damit einhergehen zu werfen, berührt einen doch sehr. Zeitgleich schafft es die Geschichte aber auch viele tolle Momente hervorzuheben.
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