Rezension | Night von Riley Sager
Titel: Night – Nacht der Angst | Originaltitel: Survive The Night | Autor*in: Riley Sager | Übersetzer*in: Christine Blum | Verlag: dtv | Erscheinungsdatum: 12.01.2023 | Seitenzahl: 368
George W. Bush sitzt im Weißen Haus, im Kassettendeck läuft Nirvana, und die filmbegeisterte Studentin Charlie fährt mit einem Mann durch die Nacht, der vielleicht ein Serienkiller ist. Es war nur eine Mitfahrgelegenheit. Josh behauptet, er wolle zu seinem kranken Vater in Ohio. Aber etwas stimmt nicht an seiner Geschichte. Während sie über leere, dunkle Highways fahren, steigt in Charlie ein furchtbarer Verdacht auf. Ist es möglich, dass Josh der Campus-Killer ist, der ihre beste Freundin ermordet hat? Sie kann nicht weg, Hilfe holen ist unmöglich. Sie ist gefangen.
Vielen Dank an den Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars!
Riley Sager ist im Thriller Genre nicht nur bekannt, sondern auch sehr beliebt und so war auch ich mächtig gespannt auf das neue Werk!
Tolle Idee mit kleinen Macken
Die Story spielt 1991 und das ist unglaublich wichtig, das im Kopf zu behalten. Obwohl der Autor eigentlich ziemlich bekannt ist dafür, die richtige Atmosphäre einzufangen, war das ein Detail, an das ich mich immer wieder erinnern musste. In der heutigen Zeit hätte die Idee hinter dem Ganzen aber einfach gar nicht so funktionieren können.
Denn unsere Protagonistin und Filmstudentin Charlie hat nicht nur schon eine traumatische Kindheit hinter sich, da sie ihre Eltern bei einem Unfall verloren hat, sie hat auch ihre Freundin Maddy vor zwei Monaten verloren und auch noch an den Campus-Killer, der immer noch nicht gefasst wurde. Sie war vorher schon eher introvertiert, doch nach dem Erlebnis hat sie sich total abgeschottet und sucht nun verzweifelt nach einer Chance nach Hause zu ihrer Grandma zu kommen. Fünf Tage zu warten, bis ihr Freund sie fährt, ist keine Option, also steigt sie kurzerhand zu einem fremden Fahrer, den sie über einen Gesuch am schwarzen Brett gefunden hat, um die sechsstündige Autofahrt hinter sich zu bringen…come on.
Hier fängt es natürlich schon an und ich kann absolut verstehen, wieso viele Leser*innen bereits mit diesem naiven Start unzufrieden sind. Wenn ich davon aber absehe, hat mir das folgende Setting unfassbar gut gefallen. Denn nun befindet sich Charlie mit dem unmöglich einzuschätzenden Josh im Auto. Das Buch spielt somit größtenteils in diesem Auto, allein die beiden auf dem Highway und was soll ich sagen? Da ist eine Menge rauszuholen und viel unangenehme Stimmung, die man aufbauen kann, was Riley Sager auch gut in Angriff genommen hat.
Dazu kommt, dass die filmverliebte Charlie auch noch ein sehr ausgeprägtes Kopfkino hat, das bei ihr immer kleine Blackouts auslöst, in denen sie nichts von ihrer Umwelt mitbekommt und von denen sie nie so recht weiß, ob das gerade wirklich geschehen ist oder nicht. Ich fand die Idee leider ein bisschen zu unrealistisch und auch zu arg ausgeschlachtet. Tatsächlich ist Charlie nämlich auch genau das in der Nacht passiert, als Maddy mit ihrem Mörder mitgelaufen ist und Charlie weiß dadurch nicht, ob sie dem trauen kann, was sie „gesehen“ hat. Dass das von Polizei & Co. so hingenommen wurde, hat mich auch überrascht, aber na gut.
Was für eine Auflösung…
Bevor mein Gemecker weitergeht, muss ich sagen, dass ich eigentlich trotzdem echt angetan war von der Geschichte. Die Kopfkino-Story war mir zwar zu drüber, aber ansonsten habe ich den Spannungsfaktor unglaublich genossen. Wie oben erwähnt dachte ich zwar immer wieder, jetzt greif doch mal nach dem Handy, bis mir eingefallen ist, gibt es ja alles so gar nicht.
Es war nämlich nicht nur so, dass Josh schwer einzuschätzen war, in meinen Augen war es vor allem Charlie, der ich auch nicht wirklich trauen konnte. Das Ganze spitzt sich natürlich immer wieder zu, wodurch Charlies „Naivität“ noch mehr auffällt, weil…in das Auto sich überhaupt mit rein zu setzen, okay, aber nach all den creepy Momenten auch immer wieder einzusteigen, no way.
Doch dann kam das große Finale und ja, die Spannung hier war wirklich gut, aber die ganze Handlung einfach nur super abgedreht. Wer sich vorher schon ein paar mal an den Kopf fassen musste, wird hier aus dem Augendrehen wohl nicht mehr rauskommen, denn der Autor zieht immer mehr weiße Kaninchen aus seinem Hut, die sich auch wirklich so lesen. Wie etwas, das einfach nicht wahr sein kann.
So eine tolle Grundidee, die er definitiv auch atmosphärisch auszubauen in der Lage gewesen wäre, nur um sich dann in vielen komischen Dingen zu verfangen, die dafür sorgen, dass man, oder zumindest ich, die Geschichte irgendwann nicht mehr ernst nehmen konnte. Auf gar keinen Fall ein buch, das ich jemandem aus der Hand schlagen würde, aber Riley Sager kann es auf jeden Fall noch um einiges besser.
Riley Sager ist bekannt und auch sehr beliebt im Genre, so war es wenig überraschend, dass Vorfreude und Erwartungen gleichermaßen hoch waren an das neue Werk. Und obwohl ich viele Aspekte wirklich gerne mochte und großes Potenzial darin erkannt habe, gab es auch mindestens genauso viele, die dafür gesorgt haben, dass man die Geschichte nicht so ganz ernst nehmen konnte.
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AUCH REZENSIERT VON: Kathrineverdeen | Dauerleserin | Eulenmatz liest | Feder und Eselsohr | Laura von Eden