Rezension | Verdammt lebendig: Medusa von Lucia Herbst
Titel: Verdammt lebendig: Medusa | Autor*in: Lucia Herbst | Verlag: Piper | Erscheinungsdatum: 27.10.2022 | Seitenzahl: 352
Ich, die Gorgone Medusa, erzähle meine Geschichte. Götterfantasy aus der griechischen Sagenwelt
„Ich bin ich selbst, und ich habe Macht. Die einzige, die ich mir jemals gewünscht habe. Die über meinen Körper.“
Köln, in der Gegenwart. Medusa lebt. Jahrtausendelang musste sie sich vor den Göttern und Menschen verstecken. Sie hat es satt, das Monster ihrer eigenen tragischen Geschichte zu sein, und wagt das Undenkbare: Sie stellt Poseidon und Athene, die Götter des Olymps, die sie zum Monster gemacht haben, vor ein internationales Göttergericht. Dieser unerhörte Vorfall sorgt unter den Unsterblichen dieser Welt für einen Aufruhr, denn Medusa ist nicht die Einzige, die etwas zu sagen hat gegen die Ungerechtigkeiten der Götterwelt …
Vielen Dank an den Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars!
Nicht nur meine Faszination an der Medusa selbst, sondern auch die ersten begeisterten Leser*innen Stimmen haben dafür gesorgt, dass ich mir das Buch einfach nicht entgehen lassen konnte.
Was, wenn Medusa gar nicht gestorben wäre?
Unter euch sind sicherlich so einige, die genauso fasziniert von der griechischen Mythologie sind wie ich – die meisten auch bestimmt wesentlich fester in den Fakten.
Doch Medusa gehört bei mir mit zu den Legenden, die mich besonders interessieren, wenn mich die Geschichte zugleich auch sehr traurig macht. Ich habe vor Kurzem erst einen spannenden Comic dazu gelesen, der die Seiten von Medusa und Perseus beleuchtet, wobei mir ihr Part da auch noch zu kurz kam. Lucia Herbst hat sich dem nun angenommen. Wenn auch umstritten, ist Medusa nicht ohne Grund für einige ein Bild der #metoo Bewegung. Und so setzt die Autorin hier an, dass die zwar geschlagene junge Frau durchaus ein furchtbares Schicksal durch Athene und Poseidon erlitten hat, aber keinesfalls von Perseus geköpft wurde. Jahrtausendelang hat sie sich versteckt, lebt nun in Köln und versucht den Mut zu finden, ihre Stimme gegen all die Grausamkeiten und Ungerechtigkeiten zu erheben, die ihr widerfahren sind.
Obwohl ich ja eigentlich in etwa wusste, worum es in dieser Geschichte geht, war ich bereits nach den ersten Seiten einfach nur baff. Absolut positiv überrascht und vor allem fasziniert. Fasziniert davon, dass Medusa nicht nur eine Stimme bekommt, sondern damit auch so viele Frauen. Und dass in der Mythologie mal ordentlich aufgeräumt wird. Ein leichtes Vorwissen ist sicherlich nicht verkehrt, doch die Autorin baut viele Anmerkungen und Erklärungen ein, die sich hervorragend in den Fließtext unterbringen und genau das machen, was sie sollen – Leser*innen den Zusammenhang erklären, ohne von der Geschichte abzuschweifen. Dabei ist nicht nur Medusa selbst unglaublich interessant gestaltet, sondern auch viele andere Charaktere. Auch die Balance und das Zusammenspiel zwischen altbekannten Geschichten im neuen Setting finde ich ist eine große Herausforderung, die hier ganz wunderbar gemeistert wird.
Unfassbar starkes Debüt
Ihr lest es jetzt schon heraus, es wird eine kleine Lobeshymne. Lucia Herbst hat einen tollen flüssigen Schreibstil, nimmt sich einer unglaublich interessanten Thematik an, die sie dann auch noch mit unfassbar viel Feingefühl und zugleich einer ordentlichen Portion Spannung vermittelt – was kann man mehr erwarten? Nicht zuletzt war meine Begeisterung auch so groß, weil Medusa zwar selbst definitiv erschreckend gezeichnet war, aber eben dahinter geschaut wurde. Das Leben mit ihren ganz eigenwilligen Schlangen, die zwar den Tod bringen können und irgendwo ja auch ihren Fluch symbolisieren, eben aber auch so sehr verbunden mit ihr sind und viele ihrer Gefühle widerspiegeln.
So geht es dem Olymp, vor allem aber Athene und Poseidon an den kragen. In der heutigen Zeit wandeln eigentlich schon lange nicht mehr alle Gottheiten unter den Menschen. Manche wurden vertrieben, von den Menschen vergessen, andere schämen sich teils zu sehr über den Verlauf der unterschiedlichen Geschichten. Denn so einiges ist hier ziemlich schief gelaufen. Doch solch ein Prozess bringt eben auch vieles an Gefahren mit sich – die Parallelen zur heutigen Gesellschaft sind traurigerweise größer, als man vermuten möchte. Romantasyfans werden vielleicht ein bisschen traurig sein, dass die Lovestory hier nicht den großen Fokus einnimmt, ich fand aber gerade diesen Aspekt sehr wichtig – denn schließlich geht es hier um mehr. Viel mehr mag und kann ich gar nicht verraten, denn das selbst Entdecken macht hier so viel Freude. Unglaublich viel Spannung, Entwicklung und jede Menge Mythologie – in meinen Augen unglaublich großes Kino.
Ich bin immer noch ganz baff darüber, was mir diese Geschichte geboten hat. Von der ersten Seite an war ich überrascht und fasziniert. Lucia Herbst legt ein beeindruckendes Debüt hin über den wahren Fall der Medusa. Denn sie hat überlebt und nutzt nun ihre Stimme gegen die Ungerechtigkeit.
Für mich ein absolut empfehlenswertes Highlight!
KAUFEN!
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