Rezension | 9603 Kilometer: Zwei Kinder auf der Flucht

Rezension | 9603 Kilometer: Zwei Kinder auf der Flucht

Titel: 9603 Kilometer: Zwei Kinder auf der Flucht |  Autor*in: Stéphane Marchetti | Übersetzer*in: Swantje Baumgart |  Illustrator*in: Cyrille Pomès |  Verlag: Cross CultErscheinungsdatum: 20.03.2023  |  Seitenzahl: 128

9603 Kilometer. Diese Strecke werden der 12-jährige Adil und sein 14-jähriger Cousin Shafi zurücklegen müssen, um von Afghanistan nach England zu gelangen.

Trotz der Attentate, die das Leben der Einwohner oft genug erschüttern, versuchen die beiden eine verhältnismäßig glückliche Kindheit in Khost, einer Provinz im Südosten Afghanistans, zu verbringen – bis zu dem Tag, als Adil Vater an Herzversagen stirbt. Die daraus entstehende Verkettung von Ereignissen wird das Leben der beiden einschneidend verändern. Adil muss sich entscheiden, einem Leben zu entfliehen, das ihm aufgezwungen wird und einem Tod im Dienste eines Fundamentalismus, den er nicht teilt.

Er und sein Cousin lassen ihre Heimat hinter sich und schon bald gesellt sich Daoud zu ihnen. Es ist ein harter Weg für die drei: Schleuser, Übergangslager und die Angst im Magen als ständiger Begleiter. Ein Weg, der aber auch von Freundschaft, Zusammenhalt und einer unerschütterlichen Zuversicht geprägt ist.

In Stéphane Marchettis Worten, die den eingehenden Recherchen und Gesprächen mit Kindern, die diese Odyssee durchgemacht haben, entnommen sind, und in den Zeichnungen von Cyrille Pomès, entsteht mit 9603 KILOMETER: ZWEI KINDER AUF DER FLUCHT ein eindringliches Porträt von Menschen, die auf der Suche nach einem Neuanfang alles, was sie haben, hinter sich lassen müssen.

Vielen lieben Dank an den Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars.

Es ist nicht der erste Titel, den Cross Cult zu dem Thema rausbringt und weil ich es so wichtig finde, wollte ich mir den Titel auf keinen Fall entgehen lassen!

Erfahrungsberichte

Auch, wenn die beiden Kinder in dieser Geschichte fiktiv sind, so sind es ihre Geschichten nicht. Autor Stéphane Marchetti hat viele Gespräche mit geflüchteten Kindern und jungen Menschen geführt, auf denen dieser Comic basiert. Eine Information, die mich gleich umso mehr bewegt, auch wenn ich an dem Wahrheitsgehalt dieser Story niemals gezweifelt hätte.
Der kleine Adil führt eigentlich eine schöne Kindheit, auch wenn schnell klar wird, dass auch diese schon durch Attentate geprägt ist. Als dann sein Vater verstirbt und seine Mutter neu heiratet, geht für ihn allerdings eine tragische Schicksalsspirale los. Denn sein neuer Vormund ist ein Fundamentalist und tut alles dafür, dass auch Adil diesen Weg beschreiten muss. Diese Sequenz ist zwar relativ kurz gehalten, aber bereits schon so nachdrücklich aufgebaut, dass einem sofort die Tränen kommen können.

Generell sollte hier nicht vergessen werden, was für tragische Lebensrealitäten geschildert werden.
Adil bekommt eines Tages einen Bombengürtel umgeschnallt und der Auftrag ist klar, nur ein glücklicher Zufall sorgt dafür, dass dieser nicht erfüllt werden kann. Leider bietet das immer noch keine Gelegenheit zum Durchatmen, denn nun ist der kleine Junge und seine Familie in großer Gefahr. Die letzte Möglichkeit, die eine Chance auf Überleben bietet scheint die Flucht nach England zu sein, die der mittlerweile 12 jährige Adil mit seinem zwei Jahre älteren Cousin Shafi antreten soll. Alles passiert unglaublich schnell und die beiden Jungs werden von ihren Familien getrennt.

Zeichnung @Cyrille Pomès | Cross Cult

9603 Kilometer

9603 Kilometer. Das ist die Strecke von Afghanistan nach England, die unter anderem auch unsere beiden Protagonisten hinter sich bringen müssen. Eine Flucht, die von gefährlichen Schleusern, unendlichen Fußstrecken und Übergangslagern geprägt ist. Dabei lernen die beiden auch den etwas älteren Daoud kennen, der den Versuch der Flucht schon des Öfteren hinter sich hatte. Schnell bildet sich hier eine kleine Gruppe, die sich gegenseitig schützt und unterstützt. Dass in diesen Zeiten immer noch Hoffnung und Freundschaft aufkommen kann ist ein seltenes Gut, das ich jedem Menschen nur wünschen kann.
Denn diese Flucht an sich ist alles andere als vielversprechend und geprägt von Verlust, Trauer, Leid und Schmerz.

Die drei Jungs gehen ganz unterschiedliche Entwicklungen durch, doch harte Zeiten erfordern auch harte Entscheidungen. Ich finde es mehr als gelungen, wie das Kreativteam hier stets bemüht ist, auch vielleicht nicht die besten Entscheidungen ganz wertungsfrei darzustellen, denn wirklich nachempfinden können es Nichtbetroffene keinesfalls und sollten sich auch kein Urteil darüber erlauben. Es ist viel eher ein Einblick und eine Erinnerung daran, was viele Menschen durchmachen müssen und wovor wir immer wieder die Augen verschließen, es aber niemals tun sollten.
Beeindruckend, einnehmend und sehr empathisch ein absolut wichtiges Werk, das ich jedem nur ans Herz legen kann.

Zeichnung @Cyrille Pomès | Cross Cult

Ein sehr einnehmender und berührender Comic, der die Geschichte von Adil und Shafi erzählt, die von Afghanistan nach England flüchten. Die Story beruht auf Erfahrungsberichte und hat dadurch eine ganz besonders intensive Wirkung. Ein Thema, das natürlich nicht leicht ist, vor dem wir aber niemals die Augen verschließen sollten.

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