Rezension | Anna von Niccolo Ammaniti
Titel: Anna | Originaltitel: Anna | Autor: Niccolo Ammaniti | Übersetzer: Luis Ruby | Verlag: Eisele Verlag | Erscheinungsdatum: 10.08.2018 | Seitenzahl: 336
DAS LEBEN GEHÖRT UNS NICHT, ES LÄUFT DURCH UNS HINDURCH.
Vier Jahre ist es her, dass der Virus kam und alle Erwachsenen tötete. Mittlerweile gibt es keine Elektrizität mehr, die Wasser- und Lebensmittelvorräte gehen zu Ende. Brände haben gewütet und von einem einst blühenden Sizilien eine gespenstische Wüstenlandschaft hinterlassen. In dieser Welt lebt die dreizehnjährige Anna mit ihrem kleinen Bruder in einem Haus im Wald und versucht mit allen Mitteln, ihn vor den Gefahren des Lebens draußen zu bewahren. Doch Anna weiß: Früher oder später muss sie mit ihrem Bruder ihre alte Welt verlassen, um woanders eine neue zu finden. Anna ist ein von der ersten Seite an fesselnder Abenteuerroman und gleichzeitig eine Parabel auf eine Welt, in der Kinder sich selbst überlassen sind und ohne Vorbilder aufwachsen. Eine Parabel auf das Leben in einer Gesellschaft ohne Zukunftsaussichten. Anna ist aber auch eine Hymne an die Kraft der Liebe. Denn so rettungslos die hier geschilderte Welt erscheint, so hell leuchten in ihr immer wieder Zärtlichkeit und pure Lebensfreude auf. Anna zeigt uns, was Menschen auf sich zu nehmen bereit sind, um zu überleben und die Hoffnung in sich nicht sterben zu lassen. Sie ist eine Heldin, der Ammaniti seine ganze Bewunderung schenkt und mit der der große Autor anknüpft an seinen Welterfolg Ich habe keine Angst.
Vielen Dank an den Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
Auch dieses Werk wurde mir auf der letzten Messe vorgestellt und bereits nach den ersten Worten der Vorstellung (Ein Virus, der den Großteil der Menschheit auslöscht…) war es um mich geschehen und der Rest hat mich schon fast gar nicht mehr interessiert. Wer mich kennt, weiß, dass ich eine Vorliebe für Dystopien habe, doch gerade diese Geschichte, beweist sich als ziemlich einzigartig…
Ungeahnte Entwicklungen
Natürlich bringt solch ein Ereignis auch immer so einige Veränderungen für die Gesellschaft, meist auch einen kompletten Umbruch. So ist es hier nicht anders, denn nicht nur die Bevölkerung im Allgemeinen wurde dezimiert, der Virus hat es auf die Erwachsenen abgesehen – sobald die Pubertät einsetzt, läuft man Gefahr, dass die Krankheit bei einem ausbricht. So finden wir uns in einer Welt mit ausschließlich Kindern wieder. Und da die Geschichte vier Jahre nach Ausbruch des Virus spielt, hat sich hier auch schon einiges getan.
Vier Jahre können schon bei einem Erwachsenen für jede Menge Veränderung sorgen, doch was bedeutet solch eine Zeitspanne für ein Kind? Für die meisten Überlebenden macht dies ein Drittel, wenn nicht sogar die Hälfte des bisherigen Lebens aus und ist somit noch wesentlich prägsamer für den Charakter. Aber was passiert mit Kindern, die niemanden mehr haben, der ihnen zeigt, was eventuell richtig und falsch ist? Natürlich konnte man darauf hoffen, dass Kinder von Natur aus unschuldig sind, doch ich glaube, bei genauerem Nachdenken wird uns allen schnell klar, dass das in einer Notsituation wohl nicht mehr der Fall ist.
Umso interessanter fand ich die Werte, die hier auf einmal zählen. Am Anfang waren es Kleinigkeiten, über die man gestolpert ist, weil sie einem merkwürdig vorkamen. Nach und nach wird aber immer deutlicher, welches Ausmaß diese Entwicklung angenommen hat. Egal in welchem Bereich anwendbar – viele Szenen im Alltag der Kinder wirken einfach schockierend pragmatisch. Es ist eine gewisse Emotionslosigkeit eingetreten, vor allem auch bei der Protagonistin Anna, was für mich persönlich beim Lesen sehr befremdlich war, aber dennoch unglaublich authentisch gewirkt hat. Eine sehr neue Leseerfahrung für mich.
Ein sehr eigener Stil
Vorweg muss ich wirklich sagen, dass das Buch einfach gut ist. Niccolo Ammaniti hat eine wirklich interessante Denkweise und bringt diese auf eine ganz besondere Art zu Papier, die seinen Geschichten eine ausgesprochene Einzigartigkeit verleihen. Dennoch muss ich leider auch gestehen, dass es eben nicht genau meinen Geschmack getroffen hat. Zum Ende hin bin ich dann zum Glück doch noch ein wenig warm geworden, aber so ganz berühren konnte mich das Buch leider nicht, wenn ich es auch unglaublich interessant fand.
Ich für meinen Teil habe einfach immer Probleme, wenn ich Menschen nicht gut verstehen oder einschätzen kann und so geht es mir beim Lesen nicht anders. Anna hat eine unglaubliche Reife für ihr Alter und durchlebt gerade auch mit und durch ihren Bruder Erfahrungen, die immer noch mehr von ihr, von den beiden, abverlangen. So fällt es mir schwer, eine richtige Bewertung zu verfassen, denn auch, wenn es nicht genau mein Geschmack war, hätte der Autor für diese Geschichte wohl keinen besseren Stil und keine bessere Charaktergestaltung wählen können.
So bleibt mir nur zu sagen, dass sich am besten jeder selbst ein Bild machen sollte und sich der Versuch in meinen Augen auf jeden Fall lohnt.
Niccolo Ammaniti hat mit Anna ein einzigartiges und außergewöhnliches Werk geschaffen, das sich gerade Dystopie Fans mal genauer ansehen sollten. Auch, wenn bei mir leider der gewisse Funke nicht übergesprungen ist, muss ich dennoch meine Hochachtung für dieses Werk aussprechen.
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