Rezension | Ein Sommer am See von Mariko & Jillian Tamaki
Titel: Ein Sommer am See | Autor: Mariko Tamaki | Übersetzer: Tina Hohl | Illustrator: Jillian Tamaki | Verlag: Reprodukt | Erscheinungsdatum: 05.05.2020 | Seitenzahl: 320 | Altersempfehlung: ab 12
Jeden Sommer verbringt Rose mit ihren Eltern im Ferienhaus am See, und jeden Sommer trifft sie dort Windy, die für Rose die kleine Schwester ist, die sie nie hatte. Doch dieses Jahr will sich die Ferienidylle nicht so recht einstellen. Während Windy noch fest in ihrer Kindheit verwurzelt ist, verfolgt Rose mit wachsendem Interesse die Dramen um Liebe und Sexualität der älteren Teenager im Dorf. Zu Hause hat Rose mit ihren eigenen Dramen zu kämpfen, denn nicht nur Windy und sie, sondern auch ihre ständig streitenden Eltern scheinen sich mehr und mehr zu entfremden.
Vielen Dank an den Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
Mariko und Jillian Tamaki sind mir als Künstlerinnen bereits bekannt, mit SKIM haben die beiden bereits einen eindrucksvollen Comic geschrieben.
Zwischen Kindheit und erwachsen werden
Mit Skim hatten Marika und Jillian Tamaki bereits eine gar nicht so unähnliche Thematik aufgegriffen. Das mag vielleicht im ersten Moment nicht so wirken, doch für mich sind beide Geschichten vor allem auch prägsam für eine Zeit, in der wir wohl unsere größten Entwicklungen erleben, alles ganz besonders wahrnehmen und uns selbst finden.
Rose hat gerade den ersten großen Sprung gemacht – der Kindheit entwachsen, aber erwachsen auch noch nicht. Windy scheint das Ganze eher noch bevor zustehen. Auf der einen Seite habe ich viele Situation als Außenstehende als unangenehm und auch unsympathisch empfunden, auf der anderen Seite kann man sich aber auch schnell selbst wiederfinden. Wer hatte sie nicht, die Freunde, die ein wenig weiter waren und denen man nachgeeifert hat? Oder eben auch die Freunde, die sich einfach mehr Zeit gelassen haben, mit denen man sich aber nicht mehr identifizieren wollte und konnte? Und trotzdem haben sich die beiden Charaktere hervorragend ergänzt und dafür gesorgt, welche Seiten ganz besonders hervorzuheben sind.
So hat zwar jeder sein Päckchen mit sich zu tragen, doch Rose hat es wirklich nicht leicht, was eben auch nicht leichter durch die Zeit wird, die sie gerade durchlebt. Familiär ist hier vieles in Gange, was zwar nicht ganz geklärt wird, aber genug Spielraum für eigene Gedanken gelassen wird. Das gleiche findet sich auch in Alltagssituationen wieder, in denen ich vor allem Rose nicht immer mochte, aber vielleicht gerade dieser Konflikt dafür gesorgt hat, sich mit bestimmten Themen richtig auseinanderzusetzen.
Allzu viel möchte ich hier nicht spoilern, aber folgende Themen werden unter anderem angesprochen: junge/ungewollte Schwangerschaft, Fehlgeburt, sozialer Stand/Gesellschaft, Frauenbild.
Atmosphärisch und eingehend
In etwa konnte ich mir schon vorstellen, was mich hier erwarten wird und auch, wenn die Story selbst viele Überraschungen mit sich gebracht hat, so war die Grundstimmung doch genau die, die ich erwartet und auf die ich auch gehofft habe. Es ist keine actiongeladene Handlung und dennoch gibt es hier so viel Inhalt zu verdauen. Die oben genannten Themen sind definitiv keine leichte Kost und auch, wenn wir es schnell wieder vergessen, so ist es eben auch vor allem die Zeit in der Pubertät, in der uns alles besonders trifft und prägt. In der man sich allein und unverstanden fühlt.
Die beiden Künstlerinnen beherrschen ein atemberaubendes Zusammenspiel, was dafür sorgt, dass als Leser alles greifbar wirkt. Die Zeichnungen und die Story sind aufeinander abgestimmt, als wenn sie von einer Person stammen würden – diese Harmonie spürt man einfach. So wird hier eine Atmosphäre geschaffen, die die Geschichte nicht nur authentisch wirken lässt, sondern es schafft, dieselben Gefühle, die auch die Charaktere durchleben, bei den Lesern hervorzurufen.
Mariko und Jillian Tamaki konnten mich auch mit Ein Sommer am See wieder begeistern – es ist auf der einen Seite zwar eher eine ruhige und atmosphärische Geschichte, doch die Nachwirkung ist dafür umso stärker. Es geht um das Erwachsen werden, um sich selbst zu finden und viele Hürden, die wir alle mehr oder weniger durchlaufen müssen und wie wir damit klarkommen können.
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