Rezension | Fukushima – Die Chronik einer Katastrophe
Titel: Fukushima – Die Chronik einer Katastrophe | Autor*in: Bertrand Galic | Illustrator*in: Roger Vidal | Übersetzer*in: Martin Knopp | Verlag: Cross Cult | Erscheinungsdatum: 11.08.2022 | Seitenzahl: 136
Ein Porträt heldenhafter Selbstlosigkeit
Am 11. März 2011 löste ein verheerendes Erdbeben vor der Küste Japans einen Tsunami aus, der eines der größten Kraftwerke der Welt, Fukushima Daiichi, erschütterte. Die unvergleichliche Gewalt der Naturkatastrophe führte zu einem technologischen Desaster.
Ein quälender Countdown nimmt seinen Anfang … und die ersten fünf Tage sollen sich als entscheidend erweisen. In einer völlig zerstörten Welt, in der die Gebäude in undurchdringliche Dunkelheit getaucht sind, sehen sich Mitarbeiter eines Kernkraftwerks mit fatalen Explosionen und giftiger Strahlung konfrontiert.
Unter der Leitung von Masao Yoshida, dem Betriebsleiter der Anlage, legen die Mitarbeiter großen Mut, Einfallsreichtum und einen unglaublichen Opfersinn an den Tag, um sich diesem schrecklichen Unglück entgegenzustellen …
Einige Monate später bittet eine Untersuchungskommission Yoshida zu Wort: Dies ist sein Bericht.
Der Autor Bertrand Galic (GULLIVERS REISEN) und der Zeichner Roger Vidal erschufen mit FUKUSHIMA eine Graphic Novel, die sich als sensibles und ebenso tragisches Porträt von Menschen ausnimmt, die in ausweglosen Situationen selbstlose Entscheidungen treffen und zu Helden werden.
Vielen lieben Dank an den Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars.
Ich war unglaublich gespannt auf die Umsetzung des Comics, weil ich die Thematik so wichtig und es dadurch auch erstrebenswert finde, eine niedrigschwellige Aufklärung zu bieten.
Zwischen wahren Begebenheiten und Fiktion
Auch heute sind die Geschehnisse aus dem März 2011, die sich im Kernkraftwerk Fukushima Daiichi ereignet haben, immer noch nicht vollständig aufgeklärt. Nun hat sich das Kreativteam, bestehend aus Bertrand Galic (Text) und Roger Vidal (Artwork), den Ereignissen angenommen – allerdings mit einem großen Fokus auf die zwischenmenschlichen Aspekte. So hält sich der Comic zwar an die prägnanten Ereignisse, spinnt aber bei manchen Charakteren und Zwischensequenzen etwas zur Geschichte hinzu.
Für all jene, denen ein klar faktenbasierter Tatsachenbericht wichtiger ist, gibt es zum Ende hin aber auch noch ein Dossier mit Auflistungen und Berichten.
Am 11. März 2011 werden die ersten Erdbeben verzeichnet, die ihren Ursprung im Pazifischen Ozean haben und dadurch zusätzlich einen Tsunami auslösen, der über Japans Küste hineinbricht.
Zuerst verzeichnen die Mitarbeiter*innen zwar die Gefahr, doch haben die Hoffnung, die Kontrolle über die Situation behalten zu können, was sich aber schnell als Irrtum herausstellt. Von den vier Reaktoren schlagen die Werte nacheinander immer wieder aus und stellen das Personal vor eine Aufgabe, die einfach nicht zu lösen ist. Die Kühlung lässt nach, die Brennstäbe scheinen beschädigt, die ersten Explosionen brechen aus und die Menschen finden sich in einem wahren Albtraum wieder.
Eindringlich und bedrückend
Es ist nicht nur die Geschichte, die mir unter die Haut gegangen ist, sondern auch das Artwork. Die weichen Zeichnungen, die zwar das grauenvolle Geschehen wiedergeben, aber auf unnötige Brutalitäten verzichten und auch so Mitgefühl und Trauer bei den Leser*innen auslösen.
Im Fokus steht der Betriebsleiter Masao Yoshida, der zwar immer wieder im Austausch mit der Politik und dem Vorsitz von Tepco (Betriebsgesellschaft des Atomkraftwerkes) ist, aber eigentlich komplett allein mit der Verantwortung gelassen wird. Hin und her gerissen zwischen dem Wunsch die Menschen zu schützen und der Aufgabe, alles nur erdenkliche zu tun, um die Schäden in Grenzen zu halten, kommt er hier an seine Grenzen.
Die Perspektiven wechseln zwischen dem eigentlichen Geschehen und einer Anhörung vor der Untersuchungskommission zu den Ereignissen, vor der er sich zur Verantwortung ziehen und seine Entscheidungen erklären muss.
Mir persönlich ist die Umsetzung definitiv unter die Haut gegangen. Es sind die Ereignisse, die einen in angsterfülltes Staunen versetzen und mich gar nicht mehr losgelassen haben, aber vor allem auch das Schicksal der Mitarbeiter*innen und das der Menschen in der Umgebung. Hier werden einmal mehr die Denkanstöße zur Nutzung von Kernenergie angeregt und ob wir dadurch eine Nuklearkatastrophe einfach so in Kauf nehmen. Die Gefahr für Menschen und Umwelt, für unser Leben.
Zwischen wahrer Begebenheit und Fiktion vermittelt das Kreativteam hier die Chronik der Katastrophe in Fukushima – welche Ängste, welche Auswirkungen und Konsequenzen diese mit sich gebracht hat und fördert einmal mehr die Denkanstöße zur Thematik, die wir niemals unterschätzen sollten.
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AUCH REZENSIERT VON: Comic Couch | Phantastik News
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