Rezension | Geistkrieger von Sonja Rüther

Rezension | Geistkrieger von Sonja Rüther

Titel: Geistkrieger: Feuertaufe | Autor*in: Sonja Rüther | Verlag: Knaur | Erscheinungsdatum: 01.12.2021 | Seitenzahl: 400

Was wäre, wenn … Amerika nie erobert worden wäre?

Der Fantasy-Thriller »Geistkrieger: Feuertaufe« spielt in einer alternativen Realität, in der die amerikanischen Ureinwohner sich erfolgreich gegen die Eroberer aus Europa zur Wehr gesetzt haben – auch mithilfe der Welt der Geister.

Den Kräften der Natur ebenso wie der Welt der Geister verbunden, hat sich die Nation der Powtankaner zur Weltmacht entwickelt.

Als dem angesehenen Professor Atius Catori von einer unsichtbaren Macht der Brustkorb regelrecht zerfetzt wird, übernimmt die Sondereinheit der Geistkrieger die Ermittlungen. Ihr neuestes Mitglied, der Schotte Finnley, ist seiner Verlobten in ihre Heimat gefolgt und fühlt sich noch immer fremd im Land der Powtankaner. Doch dass Finnley keiner von ihnen ist, könnte der größte Vorteil der Geistkrieger werden – denn der Mord an Professor Catori ist erst der Anfang von etwas, das sich keiner von ihnen auch nur hätte vorstellen können.

Vielen Dank an den Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars!

Das Buch ist eigentlich schon ein wenig älter, ist jetzt aber in einer Neuauflage erschienen, durch die ich auch erst auf die Geschichte aufmerksam wurde.

Eine alternative Weltordnung

Was wäre, wenn Christopher Kolumbus nie „Indien“ entdeckt hätte? Wenn dadurch die Kolonialisierung nie in diesem Umfang in Amerika stattgefunden hätte?
Genau mit dieser These beschäftigt sich Sonja Rüther und hat entsprechend ihr Setting aufgebaut. Die indigenen Bevölkerungsgruppen gehören mit zur Weltmacht und mussten als Nation keine Unterdrückung erleiden. Die Powtankaner*innen leben nicht nur in starker Verbindung zur Natur, sondern zeitgleich auch in einem technologischen Fortschritt und Zusammenklang, wie kein anderes Land es geschafft hat. Durch die Gefahr von außen sind sie dennoch skeptisch und öffnen sich nur skeptisch.

Finnley hat in Schottland im Personenschutz gearbeitet und war verdammt gut in seinem Job. Dort hat er allerdings seine große Liebe kennengelernt, die Powtankanerin ist und zurück in ihre Heimat wollte, wodurch er sie begleitet. Und jetzt kommt leider mein riesengroßes Problem mit der Story: es ist Finnley selbst. Tatschlich ist er an sich als Charakter gut ausgearbeitet, bietet einige Facetten, nur gefallen mir die meisten charakterlich einfach nicht. Regelmäßig benutzt er die Bezeichnung „Indianer“ und ist selbst nach mehrfachen Erklärungen seiner Verlobten nicht bereit das Problem daran zu verstehen und dieses Wort aus seinem Gebrauch zu streichen. Zuerst dachte ich noch, dass die Autorin hier viel eher einen Anreiz schaffen möchte, um andersherum auf diese Problematik aufmerksam zu machen, allerdings bessert Finnley sich auch nicht wirklich in seinem respektlosen Verhalten den betroffenen Menschen und der Kultur gegenüber.

Ebenso erschein es mir auch ein wenig befremdlich, dass sich die weiße Autorin sich dieser Kultur angenommen hat, so sehr ich auch den frischen Wind im Genre sehr willkommen heiße und ich ihr auf keinen Fall böse Absichten unterstellen möchte. Wirklich rund hat es sich für mich aber dennoch nicht angefühlt, auch wenn sie mit dem Schotten Finnley als Protagonisten die Form gewählt hat, dass man auch als Leser*in hier eingeführt wird. Super schwierig – ich möchte nichts unterstellen und mir auch nichts anmaßen. Schwierig. Sagen wir einfach sehr schwierig.

Spannende Entwicklungen

Abgesehen von meinen großen Kritikpunkten, die auch nach Beendigung Unwohlsein hinterlassen haben, muss ich aber auch anmerken, dass ich die Ideen und den Plot in der Story wirklich gut fand.
Die Charaktere sind wahnsinnig cool (außer Finnley), sehr unterschiedlich und ergänzen sich hervorragend. Denn nachdem Finnley sich ziemlich schwer tut in seinem neuen Leben zu integrieren, will es der Zufall, dass er Mitglied in der Sondereinheit Geistkrieger wird. Unpassender hätte er kaum eingesetzt werden können, das sehen auch die anderen Mitglieder so, doch das Zusammenspiel hat mir wirklich gut gefallen und durch den regen Austausch auch einige Erklärung zum Setting gebracht.

Hier wird nicht nur Fantasy, sondern auch Thriller geboten und somit jede Menge Spannung und viele brenzlige Situationen, durch die die Charaktere nur so schlittern. Wenn man erst mal reinkommt und sich auf die Geschichte einlassen kann/will hat sie doch noch einiges zu bieten, auch wenn ich wirklich traurig war, dass gerade die Symbiose zwischen Technik und Natur nicht ganz so viel Erklärungen bekommen hat, das hätte ich noch sehr interessant gefunden. Lustig fand ich, wie manche Entdeckungen mehr oder weniger einfach so hingenommen wurde, andere hingegen konnte man dann nicht glauben. So nach dem Motto: Du kannst beamen? Ok. Du kannst fliegen? das ist ja wohl mega unrealistisch, sowas gibt es nicht, haha.

Einen vernünftigen Abschluss zu finden, fällt mir wirklich schwer. Ich möchte das Buch niemandem schlecht reden und freue mich wie immer, wenn andere Leser*innen begeistert sind. Dennoch kann ich potenzielle Kritik an dem Buch durch die oben genannten Punkte absolut nachvollziehen und auch unterstreichen. Die Idee an sich hat mir sehr gut gefallen, in der Umsetzung muss aber dennoch klar sein, dass ein weißer Mensch in einer nicht weißen Gesellschaft keinen Rassismus erfährt. Vielleicht Diskriminierung, aber keinen Rassismus. Teilweise schien es mir, als wenn Finnley das auch vollkommen klar wäre, gerade durch seine sonst so empathische Charakterzeichnung. Umso störender fand ich dann seine Weigerung Akzeptanz aufzubringen. Also: lest das Buch, liebt es auch sehr gerne, aber seid ein wenig sensibilisiert.

Geistkrieger von Sonja Rüther hat bei mir für eine kleine Achterbahnfahrt gesorgt – denn so sehr ich die Abwechslung im Genre auf der einen Seite gefeiert habe und auch die Ideen sehr cool fand, fand ich den Protagonisten schwierig und auch einige Umsetzungen. Man muss hier einfach bedenken, dass es kein Own Voice Buch ist und der Charakter teilweise ziemlich engstirnig – aber lest es selbst und macht euch ein Bild davon!

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