Rezension: Ich wollte Liebe und lernte hassen / Fritz Mertens

Rezension: Ich wollte Liebe und lernte hassen / Fritz Mertens

Man hat uns beklaut, geschlagen und gegeneinander ausgespielt und zuletzt weggeworfen wie ein Stück Dreck, das man nicht gebrauchen kann.

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen  |  Autor: Fritz Mertens  |  Verlag: Diogenes  |  Erscheinungstermin: 25.04.2018 |  Seitenzahl: 336

Fritz Mertens hat zwei Menschen ermordet. Um die Frage nach dem Strafmaß zu beantworten, soll er seinen Lebenslauf niederschreiben. Sein Bericht ist das bewegende Dokument eines kollektiven Versagens: eine Kindheit, gekennzeichnet durch Krankheit und Misshandlung, die Suche nach Verständnis und die immer wieder darauf folgende Enttäuschung. Ein Buch über das sensible Terrain des kindlichen Gemüts, auf dem wir uns mit aller Vorsicht bewegen müssen.

Vielen lieben Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar.

Allein der Klappentext hatte mich so neugierig gestimmt, dass ich diese Geschichte kaum erwarten konnte.
Nach den ersten Seiten ist mir dann aber schnell aufgefallen, dass sich hinter diesem Lebensbericht etwas ganz anderes verbirgt, als ich ursprünglich angenommen habe…

Ehrlich aber anders

Bei dieser Geschichte handelt es sich keinesfalls um Fiktion – es ist der Lebensbericht eines Mannes, dem ein Leben bevorstand, doch die Freiheit genommen wurde.
Unter dem Pseudonym Fritz Mertens berichtet der Autor von seiner Kindheit, was ihn geformt hat und wie er zu diesem Menschen werden konnte, der er geworden ist.
Es liest sich überhaupt nicht wie eine Schuldzuweisung, es ist sogar eher die Neutralität gegenüber vielen Geschehnissen, die mich so sprachlos gemacht hat. So ist auch der Schreibstil sehr eigen, wohl nicht wirklich dafür gemacht, später ein Belletristik Regal zu schmücken und dennoch handelt es sich hierbei um eine Geschichte, die vom Leben selbst berichtet.

Als ich mich an den sprachlichen Stil gewöhnt hatte, war ich schnell gefangen in der Kindheit von Fritz Mertens.
Allerdings…eher ungewollt. Es ist bedrückend und löst eine Wut aus, die man nicht wirklich in Worte fassen kann.
Eine Hilflosigkeit, die einen fertig macht, sodass man sich manchmal von dem Buch lösen muss, um wieder atmen zu können, auch wenn es einem schwerfällt die Handlung zu verlassen.

Wie beeinflussbar ist ein kleiner unschuldiger Mensch? Welche Auswirkungen hat unser Handeln auf sein Leben?
Bekanntlich ist kein Mensch böse geboren, viel eher sind es die Umstände, die einem keinen großen Spielraum lassen. Doch was muss passieren, dass man dazu getrieben wird, anderen Menschen das Leben nehmen zu müssen?

Ein Nachklang, der erschüttert

Ich habe mit Fritz gelitten, hin und her gerissen von dem Wunsch dieser Hilflosigkeit ein Ende zu bereiten und ihn manchmal selbst zu schütteln, um ihm die Augen zu öffnen. Doch wie leicht ist es wirklich zu erkennen, was, oder vielmehr wer einem nicht mehr gut tut? Beim Lesen selbst und vor allem danach haben sich meine Gedanken gedreht, wie in einem Strudel, der scheinbar gar keinen Ausweg mehr aus dem Chaos finden wollte.

Eine Geschichte, die das Leben schreibt. Ein Leben, das so anders hätte laufen können und ein Mensch, dem so viel genommen wurde, das er irgendwann nichts mehr hatte, was sein Leben für ihn lebenswert gemacht hat.

Ich fragte mich, ob Liebe wirklich so grausam sein kann, dass ein Mensch jemanden lieben kann und ihn trotzdem töten würde für das, was er einem angetan hat.

Auch, wenn ich nicht genau benennen kann, was ich mir von Ich wollte Liebe und lernte hassen erhofft hatte, hat sich diese Geschichte als eine ganz andere herausgestellt. Keinesfalls schlecht, einfach anders.
Der Schreibstil ist eigen, so wie es die Menschen auch sind, und genauso wird hier von einem Leben berichtet, das zwar ganz anders hätte ablaufen können, aber nun einmal so war, wie es war.

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AUCH REZENSIERT VON:  Buchperlenblog  |  Travlin‘ Bone  |

5 comments found

    1. Liebe Nicci,

      das glaube ich dir sofort!
      Es ist auch wirklich sehr eigen. Sehr gut, aber eben eigen.
      Bestimmt auch einfach nicht in jeder Situation etwas. Aber falls du mal reinlesen soltlest, bin ich sehr gespannt auf deine Meinung!

      Liebste Grüße <3 Jill

  1. Liebe Jill,

    das Buch hatte ich bereits in der Hand und hätte es fast gekauft, allerdings war ich mir, wie Nicci, nicht sicher, ob es was für mich ist. Vielleicht muss ich aber einfach über meinen Schatten springen, denn genau solche Geschichten sind es, die einem einen anderen Blickwinkel ermöglichen und über unsere Handlungen nachdenken lassen.

    Danke Dir für diese Rezension und ein wundervolles Wochenende,
    Miriam

  2. Liebe Jill,
    eine wirklich wunderbar zutreffende Rezension!
    Ja, man wundert sich, was aus Fritz geworden wäre, hätte er all das Leid nicht durchleben müssen. Es ist grausam und gleichzeitig so wichtig, seine Geschichte zu kennen, um zu verstehen, dass Menschen nicht einfach in Schubladen gesteckt werden können.

    Alles Liebe,
    deine Sarah

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