Rezension | Jein von Büke Schwarz
Titel: Jein | Autor: Büke Schwarz | Illustrator: Büke Schwarz | Verlag: Jaja Verlag | Erscheinungsdatum: 31.01.2020 | Seitenzahl: 232 | Altersempfehlung: ab 14
Jein ist eine deutsch-türkische Graphic Novel über Kultur, Politik, Identität, Kunst und den ganzen Rest.
Die Protagonistin Elâ Wolf ist Künstlerin, Berlinerin und Halbtürkin. Wobei letzteres ihrer Meinung nach nichts mit ihrer Kunst und eigentlich auch nichts mit dem Rest ihres Lebens zu tun hat.
Bis zum 16. April 2017, dem Tag des berüchtigten Verfassungsreferendums, mit dem der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan die Demokratie in der Türkei aushebelte. Mit dem Sieg der „JA”-Fraktion sieht sich Elâ zum ersten Mal mit der politischen Wirklichkeit in ihrer zweiten Heimat konfrontiert. So stellt sich ihr immer dringlicher die Frage, ob sie sich mit der gesellschaftlichen Lage künstlerisch auseinandersetzen muss, und falls ja, auf welche Weise.
„Jein“ ist sowohl der Titel von Büke Schwarz’ Graphic-Novel-Debüt als auch der Titel einer in der Geschichte stattfindenden Kunstausstellung. Jein steht häufig im engen Zusammenhang mit Entscheidungsschwäche, oder Vermeidungsverhalten. Heutzutage scheint es verpönt zu sein, essentielle Fragen in der Politik, Kunst oder anderen Bereichen mit Jein zu beantworten. Eine klare Positionierung wird eingefordert, auch wenn die Zusammenhänge komplex sind, und genau das ist auch die persönliche Herausforderung, der sich Elâ Wolf stellen muss, als sie mit anderen Berliner KünstlerInnen die Ausstellung „Jein“ plant. Als wäre das nicht schon genug, taucht überraschend ihr konservativer Vater auf und sie wird zu weiteren Entscheidungen genötigt.
Büke Schwarz’ Comicerzählung beleuchtet zum einen die Deutsch-Türken und ihren Umgang mit der Veränderung ihrer Heimat und wie stark die Zensurverschärfungen Erdoğans und seine Politik Einfluss auf sie hierzulande haben. Zum anderen gibt „Jein“ Einblicke in die Kunstwelt und ihr ambivalentes Verhältnis zur Politik, besonders in Zeiten politischer Umbrüche.
In ihrem Debüt zeichnet Büke Schwarz mit bemerkenswerter Lockerheit und Klarheit eine unterhaltsame, humorvolle Geschichte ohne Scheuklappen, ohne dabei zeitaktuelle Fragen nach kultureller Identität und politischer Partizipation aus den Augen zu verlieren.
Vielen Dank an den Verlag für die Bereitstellung der Rezensionsexemplare!
Da ich das Glück hatte, bei der Bookrelease Party dabei sein zu dürfen, musste ich natürlich auch den Comic vorher lesen – vielen Dank auch an dieser Stelle an den Verlag, dass ich das Buch bereits ein paar Tage vorher zugesandt bekommen haben.
Jein
Dieses kleine Wort ziert nicht nur als Titel den Comic, sondern hat generell wesentlich mehr Bedeutung, als man im ersten Moment annehmen könnte. So ist es uns allen auch sicherlich schon allzu oft durch den Kopf gegangen, als Antwort auf Fragen, die einfach nicht so leicht zu beantworten sind. Büke Schwarz fängt bereits nach wenigen Seiten eine unglaubliche Atmosphäre ein, jedes Panel, jede Szene für sich allein schon unglaublich stark.
So gibt es Ausschnitte, die vor allem durch ihre Ruhe an Kraft gewinnen und die anderen dadurch, dass die junge Protagonistin Elâ sich positioniert. Auch wenn das politische Geschehen 2017 um Erdogon im Comic eine große Rolle spielt, so sind es auch viele andere Aspekte, die diese Geschichte ausmachen. Es ist die Politik im allgemeinen, unser Verhalten, unsere Gesellschaft, den Mut ein Statement zu setzen und auch mal die Kraft, für einen Moment nicht stark oder entscheidungsfreudig zu sein.
Ein starkes Debüt!
Doch es sind nicht nur die Themen, die hier angesprochen werden – vor allem, wie sie angesprochen werden – sondern auch das künstlerische Talent an sich, das mich absolut begeistert hat. Büke Schwarz hat einen einfachen und zugleich unglaublich eindringlichen Stil, der den Situationen Leben einhaucht und trotzdem viel Platz für eigenen Raum und Gedanken lässt. Dass die Kapitelanfänge sogar farbig gestaltet sind, hat mir unglaublich gut gefallen.
In macnhen Situationen erkennt man sich wieder, andere wiederum haben mir die Möglichkeit geboten etwas zu entdecken und zu lernen, womit ich mich vorher einfach nicht befasst habe oder selbst keine Erfahrungen machen kann. In jedem Fall eine ganz klare Leseempfehlung von mir! Ich warte jetzt schon sehnsüchtig auf den nächsten Comic der Autorin!
Büke Schwarz konnte mich mit Jein mehr als nur überzeugen und hat ein fantastisches Erstlingswerk auf den Markt geworfen. Stoff für Unterhaltung und zum Nachdenken in gleichen Maßen – eine perfekte Mischung. Dazu ein Zeichenstil, der nicht nur meinen persönlichen Geschmack trifft, sondern es auch versteht, die einzelnen Situationen und Emotionen entsprechend zu beleuchten.
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AUCH REZENSIERT VON: Comickunst