Rezension | Kaltherz von Henri Faber

Rezension | Kaltherz von Henri Faber

Titel: Kaltherz | Autor*in: Henri Faber | Verlag: dtv | Erscheinungsdatum: 18.05.2022 | Seitenzahl: 416

»Mama ist im Himmel. Jetzt habe ich eine Mami. Aber sie sagt, für das, was sie getan hat, kommt sie in die Hölle.«

Acht Minuten. Länger war die fünfjährige Marie nicht alleine. Doch als ihre Mutter zum Auto zurückkommt, ist Marie spurlos verschwunden. Kommissarin Kim Lansky übernimmt den Fall. Es ist ihre letzte Chance, sich als Ermittlerin zu beweisen. Die Suche nach der Wahrheit führt sie in die dunkelsten Kapitel ihrer eigenen Vergangenheit – und zu einer erschreckenden Frage: Warum bleiben gerade in München so viele Kinder verschwunden?

Vielen Dank an den Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars!

Henri Faber ist seit seinem Debütroman in aller Munde und das auch zu Recht, umso mehr habe ich mich gefreut, dass ich auch sein neues Buch lesen durfte!

Triggerwarnung: Kindesentführung

Der Klappentext lässt es zwar schon erahnen, doch auch hier nochmal, spätestens für die Leser*innen, die auch nicht so sehr wie ich auf den Inhalt achten und sich lieber überraschen lassen wollen. Henri Faber thematisiert hier Kindesentführung und Kindesmisshandlung, aber auch Suizid, wodurch auch schwere Themen hier ihren Raum finden. Es wird behutsam an die Themen herangegangen, ändert aber nichts an den Tatsachen – wenn ihr diese Themen also nicht gut verkraftet, achtet gut auf euch, greift zu einem anderen Buch oder lest es sehr bedacht.

Die junge Marie wurde bereits vor einigen Monaten entführt und die Hoffnungen sind eigentlich schon gleich gegen Null. Ihre Mutter Clara kann mit diesem Schicksal nicht mehr leben, ebenso wenig mit der Schuld, die sie sich gibt, weil Marie unter ihrer Obhut verschwunden ist. So hat sie sich über die Zeit immer mehr zurückgezogen, doch die Abweisung von ihrem Mann Jakob trägt den Rest dazu bei und so versucht sie sich das Leben zu nehmen. Ein so zerbrechlicher und herzzerreißender Charakter, da sind mir immer wieder fast die Tränen gekommen. Doch auch der Kindsvater bietet einiges: so ist Jakob für mich zwar alles andere als ein Sympathieträger gewesen, doch er hat eine gewisse Dynamik in die Story gebracht und vor allem einige Zweifel – denn hier hatte ich zuerst Misstrauen.
Generell kann ich hier nur Props an Henri Faber für seine Charaktergestaltung aussprechen, doch das Beste kommt noch…

Eine Ermittlerin wider Willen

Kommissarin Kim Lansky ist alles andere als eine typische Ermittlerin, viel eher scheint sie die Probleme anzuziehen und ist so schon einige Abteilungen durchlaufen. Nun befindet sie sich an ihrer letzten Stelle und auch ihrer letzten Chance, die sie nur ihrem alten Freund zu verdanken hat und sich nun beweisen muss. Aber das ist leichter gesagt als getan, gerade wenn alte Muster so fest in einem verankert sind, aber eben auch, wenn man die Missstände im Justizsystem sieht und diese nicht hinnehmen kann. So sorgt die junge Frau für ziemlich viel Aufruhr, nicht nur im Fall selbst, sondern auch bei den Leser*innen. Ihre Absichten sind meist genau die richtigen, doch die Herangehensweise oftmals…naja, schon sehr grenzüberschreitend. Für mich hat das Alles aber nicht nur für gemischte Gefühle, sondern auch für entsprechende Denkanstöße gesorgt.

Wie sollte es anders sein, genau jetzt kommt eine neue Spur in dem Fall auf und somit auch der Anlass für Lansky sich voll reinzuknien. Ihre Ermittlungen beziehen sich nicht nur auf seriöse Quellen, viel eher verschlägt es einen viel tiefer in kriminelle Kreise und dementsprechend geht es auch ziemlich rau einher.

Die Erzählperspektiven wechseln zwischen den Erwachsenen und dem entführten Kind, was oft für Stimmungswechsel sorgt, die aber wirklich gut ausgearbeitet sind und bei mir dafür gesorgt haben, dass ich mich nie so recht von einer Perspektive lösen wollte, weil ich alle so spannend fand. Henri Faber hat einen tollen Schreibstil und weiß den Spannungsbogen aufrecht zu erhalten.
Da das Rad nicht neue erfunden werden kann, gibt es natürlich auch hier bekannte Muster aus dem Genre, diese wurden aber, wie ich finde, gut neu aufgearbeitet und umgesetzt.
Nicht zuletzt sorgen gerade die detail- und facettenreichen Emotionen der Charaktere für so einige Irrfahrten und falsche Vermutungen – in meinen Augen mehr als nur gelungen!

Mit Kaltherz hat Henri Faber einen spannenden Thriller geschaffen, der mit seinen überraschenden Wendungen zu überzeugen weiß. Ein paar bekannte Muster aus dem Genre gibt es zwar auch hier, dafür aber innovativ verpackt und ohne, dass man als Leser*in die Handlung weit vorrausschauen könnte.

KAUFEN!

AUCH REZENSIERT VON: Buchsichten | Claudias Bücherhöhle

Kommentar verfassen