Rezension | Oh Cupid

Rezension | Oh Cupid

Titel: Oh Cupid |  Autor*in: Helena Baumeister |  Illustrator*in: Helena Baumeister |  Verlag: Avant VerlagErscheinungsdatum: 02.03.2023  |  Seitenzahl: 104

In Zeiten der Pandemie sehnt sich Helena nach Begegnungen und Nähe und verabredet sich über eine Online-Dating-Plattform. Der vierte Mann, den sie auf diese Weise kennenlernt, hat in seinem Profil lediglich ein unspektakuläres Foto. Seinem Vorschlag einer gemeinsamen Radtour stimmt Helena dennoch zu.

Als die beiden sich treffen, sieht Helena in hellbraune Augen und wird nervös – er gefällt ihr. Momente der Anziehung und Irritation wechseln sich mit Missverständnissen ab. Was beide nicht ahnen: Zwei voyeuristische Amseln haben sich ihnen unbemerkt an die Fersen geheftet und amüsieren sich über das Geschehen. Zum zweiten Treffen kommt Helena mit dem Plan, an diesem Abend nicht mehr die Bahn nach Hause zu nehmen …

Lässt sich die Sehnsucht nach Unverbindlichkeit ins Gegenteil verwandeln? Oder ist es dafür nicht schon zu spät, sobald man miteinander geschlafen hat?

Helena Baumeister erhielt für oh cupid den Hamburger Literaturpreis 2021 als Bester Comic.

Vielen lieben Dank an den Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars.

Ich selbst hätte wahrscheinlich gar nicht zu dem Comic gegriffen, umso mehr habe ich mich nun gefreut, dass ich ihn dennoch gelesen habe – vielen lieben Dank für die Überraschung an den Verlag!

Online-Dating in der Pandemie

Tatsächlich muss ich gestehen, dass ich hier so gar nicht mitreden kann. Ich lausche immer voller Spannung den Erfahrungsberichten von meinen Freund*innen, da ich aber mit meinem ersten Freund einfach direkt zusammengeblieben bin, kann ich selbst wenig zu dem Thema beitragen.
Doch umso interessanter war es nun, diesen Erfahrungsbericht der Künstlerin Helena Baumeister vor mir zu haben, der schonungslos ehrlich auf die Thematik eingeht. Wo die ersten drei Dates noch eher unter Flops zu verbuchen waren, schien das vierte Match dann doch so vielversprechend und nach dem Date wurden hier gleich fleißig die ersten Skizzen entworfen.

Generell kann das Thema Online-Dating schon eine ziemlich große Herausforderung sein, doch mitten in einer Pandemie wird das keinesfalls leichter. Das ändert jedoch nichts daran, dass Menschen eben Bedürfnisse haben, egal ob es dabei einfach nur um Nähe oder auch eher um Sex geht.
Also auf in den Zug und ab zur verabredeten Fahrradtour. Die braunen Augen, die Helena begrüßen scheinen schon vielversprechend zu sein und insgesamt stimmt wohl der Vibe zwischen den beiden. Dabei werden viele Emotionen, Unsicherheiten und Selbstreflektion eingefangen, die teils viel Mut und Ehrlichkeit abverlangen, dadurch aber auch viel greifbarer erscheinen.

Zeichnung @Helene Baumeister | Avant Verlag

Vogelperspektive

Generell fällt schnell auf, dass die Künstlerin hier einen gewissen Blickwinkel gewählt hat und als wir dann irgendwann bei den Amseln ankommen wird es umso deutlicher: es geht nicht nur um die eigenen Erfahrungen und Empfindungen, sondern auch um den Eindruck von außen und jede Menge Stigma und Vorurteile. Doch wen geht das Datingverhalten etwas an, außer die betroffenen Personen selbst?
So werden zwei Vögel auch mal von einem Wurm belehrt und auch sonst verliert sich der Stil hier manchmal im Abstrakten, um den unterschiedlichen Szenen mehr Deutlichkeit zu verleihen. Man fühlt sich zu klein und schon schrumpft der Charakter, man hat das Gefühl zu gackern wie ein Huhn und auf einmal sitzt da kein Menschenkopf mehr auf dem Körper.

Es hört sich jetzt erst einmal hart und gemein an, so ist es aber nicht gemeint, aber: der Zeichenstil war zuerst so gar nicht meins und hat mich auch ein wenig abgeschreckt. Ich bin ein großer Fan von starken, kontrastreichen und kolorierten Artworks, die skizzenhafte und teils abstrakte Art trifft eher weniger meinen Geschmack. Nach dem Lesen muss ich aber sagen, dass es die Geschichte so viel greifbarer und die Erfahrungen sehr authentischer gemacht hat. Helena Baumeister hat einfach die Momente eingefangen und zeigt die tollen, wie auch die weniger tollen Seiten des Online-Datings auf, mit denen man sich wohl abfinden muss. So musste ich des Öfteren Schmunzeln und habe mich gefreut, auch an diesen Erfahrungen teilhaben zu dürfen.

Zeichnung @Helene Baumeister | Avant Verlag

Ein Comic, zu dem ich selbst vielleicht gar nicht so gegriffen hätte, bei dem ich mich aber umso mehr freue, ihn dennoch gelesen zu haben. Helena Baumeister präsentiert hier einen authentischen Erfahrungsbericht vom Nutzen der Dating-Apps in der Pandemie und offenbart viele Aspekte auf ehrliche und einfühlsame Art und Weise.

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AUCH REZENSIERT VON: folgt

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