Rezension | Raubtieraugen von Tobias Quast

Rezension | Raubtieraugen von Tobias Quast

Titel: Raubtieraugen | Autor*in: Tobias Quast | Verlag: Knaur | Erscheinungsdatum: 02.11.2021 | Seitenzahl: 432

Ein düsteres Schloss im Moor, ein grausames Geheimnis und ein Albtraum, aus dem es kein Erwachen gibt:
Gekonnt lässt Tobias Quast in seinem Horror-Thriller »Raubtieraugen« die anfängliche leise Beunruhigung zu wahrem Grauen anwachsen.

In London scheint der Münchner Julius am Ziel seiner Träume angekommen – doch dann steht er plötzlich ohne Job und ohne Wohnung da, und das ausgerechnet, als seine 6-jährige Tochter Emilia zu Besuch ist. Ein glücklicher Zufall beschert den beiden eine Einladung auf Wargrave Castle, den Familiensitz der Hardings in den North York Moors.
In dem düsteren Schloss verschwindet jedoch nicht nur Juliusʼ Handy spurlos und er hört Schritte, wo niemand ist: Die Hardings sind so begeistert von Emilia, dass Julius seine Tochter kaum noch zu Gesicht bekommt. Was dann geschieht, übersteigt selbst seine finstersten Albträume …

Der Horror-Thriller punktet nicht nur mit der unheimlichen Atmosphäre eines alten englischen Schlosses, in dessen zugigen Gemäuern sich mehr als ein Geheimnis verbirgt – er überrascht am Ende auch gekonnt mit einem echten Twist.

Vielen Dank an den Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars!

Was soll ich groß sagen? Das Buch hat geradezu nach mir geschrien!

Zwei Zeitstränge

Die Geschichte wird auf zwei unterschiedlichen Zeitlinien erzählt und lange Zeit konnte ich wirklich nicht erahnen, wie diese beiden genau miteinander verknüpft sind – ich hatte stetig das Gefühl, kurz vor der Entdeckung zu stehen, doch hier hat der Autor wirklich alles gegeben.
So beginnt die Geschichte 1945 in München, eine Zeit, die durchaus stark geprägt ist. An der Seite einer jungen Frau, von der man so einige Momentaufnahmen erhält, aber nie genug, um sie wirklich identifizieren zu können.
So begegnet diese relativ früh dem absoluten Grauen und findet sich in kompletter Hoffnungslosigkeit wieder – und als Leser*in ist man dadurch umso mehr auf der Hut.

Julius hingegen streift 2016 durch London, aus Deutschland ausgewandert, versucht er nun hier ein neues Leben aufzubauen. Davon bekommt man allerdings nicht viel mit, denn schneller als man gucken kann, stellt sich sein ganzes Leben auf den Kopf. Zu behaupten, dass er vom Pech verfolgt werden würde, wäre noch sehr nett formuliert.
So verliert er seinen Job, wird verfolgt und auch Zuhause scheint er nicht mehr sicher und das, obwohl Weihnachten vor der Tür steht und seine 6-jhrige Tochter zu Besuch kommen soll.
Sein Verhalten zu beschrieben, fällt mir relativ schwer, weil ich „naiv“ nicht passend finde. Er macht sich durch die schrägen Vorkommnisse, die einfach kein Zufall sein können durchaus wahnsinnig, aber ich hätte schon längst meine Koffer gepackt und wäre wieder nach Deutschland.
Aber die Geschichte hat ja gerade erst angefangen und als er eines Abends wie aus Zufall den beiden Hardings (Sohn etwa in seinem alter und dessen Mutter) über den Weg läuft und unbekannterweise eine Einladung in deren Schloss erhält…naja, kommt schon. Ihr wisst selbst was dann passiert.

Auf ins Gruselschloss!

Ich muss zugeben, so wie sich alles aneinandergereiht hat, hätte es wohl auch mich in das düstere Schloss im Moor und direkt in die Arme der Hardings verschlagen, auch wenn ich dann spätestens direkt auf der Türschwelle wieder kehrt gemacht hätte.
Aber ist man erstmal von Menschen abhängig, ist es eben nicht mehr so leicht aus dieser Nummer wieder rauszukommen. Es war für mich nicht unbedingt so, dass die Spannung unendlich groß war, aber die Atmosphäre war auf jeden Fall gegeben. Ab und zu haben mich die Szenenwechsel zwischen München und London ein wenig abgelenkt, weil ich einfach den genauen Zusammenhang begreifen wollte, aber es hat dem Lesefluss auch nicht wirklich geschadet.

Womit ich leider immer wieder ein Problem habe und einfach nicht aus meiner Haut komme ist, wenn ich keinen Charakter finde, den ich wirklich sympathisch finde. Dann lese ich doch wesentlich distanzierter und so war es leider auch hier – das ist allerdings absolute Geschmackssache und kann euch ganz anders ergehen.
Für seinen ersten Horrorthriller hat Tobias Quast auf jeden Fall ein interessantes Werk hingelegt, das sich sehen lassen kann.
Gerade dieses Spiel mit der Psyche, ob das Grauen wirklich Menschlich oder doch anderen Ursprungs ist, finde ich immer wieder faszinierend und beschäftigt mich sehr. Lange Zeit bin ich hier im Dunkeln getappt – gerade als dann die unheimlichen Vorfälle im Schloss der Hardings ihren Lauf genommen haben.
Nur um dann am Ende doch nochmal komplett aus dem Konzept gebracht und überrascht zu werden – Hut ab.
Bedrückend trifft meine größte Empfindung beim Lesen auf jeden Fall sehr gut, denn wohl und sicher fühlt man sich hier nie, es ist eher ein Katz und Maus Spiel, mit ungeahnten Ausmaßen.

Ein Horrorthriller zwischen den Bruchstücken von München 1945 und einem schaurigen Schloss im Moor Londons 2016 – zwei Geschichten, die sich in Raubtieraugen von Tobias Quast vereinen und die sich für mich lange nicht zusammengefunden haben, auch wenn ich immer das Gefühl hatte, kurz vor der Entdeckung zu stehen, nur um am Ende doch noch überrascht zu werden.
Eine bedrückende Atmosphäre perfekt für interessante Lesestunden in der dunkeln Jahreszeit.

KAUFEN!

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