Rezension | Schlachthof 5: Oder der Kinderkreuzzug
Titel: Schlachthof 5: Oder der Kinderkreuzzug | Autor*in: Ryan North & Kurt Vonnegut | Illustrator*in: Albert Monteys | Übersetzer*in: Matthias Wieland | Verlag: Cross Cult | Erscheinungsdatum: 31.03.2022 | Seitenzahl: 192
Weltliteratur im Gewand einer Graphic Novel
1969 veröffentlichte Kurt Vonnegut mit SCHLACHTHOF 5 ODER DER KINDERKREUZZUG ein literarisches Monument der Antikriegsromane, in dem er seine eigenen Erlebnisse als amerikanischer Kriegsgefangener schildert. Im Zweiten Weltkrieg überlebte er – gefangen in dem Keller eines Schlachthauses – die schrecklichen Luftangriffe auf Dresden. SCHLACHTHOF 5 ist zugleich ein possenhafter Blick auf Horror und Tragödie des Krieges, in dem Kinder an die Front und in den Tod geschickt werden, sowie eine bewegende Untersuchung dessen, was es bedeutet, ein fehlbarer Mensch zu sein: Billy Pilgrim hat Kilgore Trout gelesen und hat ein erfolgreiches Geschäft rundum die Augenoptik eröffnet. Billy Pilgrim hat eine liebevolle Familie gegründet und die Bombardierung Dresdens miterlebt. Billy Pilgrim ist auf den Planeten Tralfamadore gereist und hat Kurt Vonnegut getroffen. Billy Pilgrim ist von aller Zeit losgelöst.
Ausgehend von Kurt Vonneguts bewegender Antikriegsgeschichte SCHLACHTHOF 5 übersetzen der mit dem Eisner Award ausgezeichnete Autor Ryan North (THE UNBEATABLE SQUIRREL GIRL) und der für den Eisner Award nominierte Zeichner Albert Monteys (UNIVERSE!) einen literarischen Klassiker in die Sprache der Comics.
Vielen lieben Dank an den Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars.
Tatsächlich muss ich gestehen, dass ich die Romanvorlage (mal wieder) nicht kenne, mich dadurch aber umso mehr über die Comicadaption gefreut habe.
Eine schwere Thematik
Auch für jene, die die Romanvorlage so wie ich noch nicht kennen, wird bereits der Titel schon genug Aufschluss darüber geben, dass Schlachthof 5 doch einen Inhalt bietet, an dem man ziemlich zu knabbern hat. Kurt Vonnegut hat in seinem Buch, das Ende der 1960’er erschienen ist, autobiographisch seine traumatischen Kriegserlebnisse verarbeitet, aber auch da schon neben realen Ereignissen die Zuflucht in ein Science Fiction Setting gewählt. 1943 mit 21 Jahren als Kaplanassistent, komplett überfordert mit der Situation, ein Jahr darauf Kriegsgefangener, ein Jahr darauf ehrenhaft entlassen und drei Jahre später mit psychischen Erkrankungen und Traumata im Veteranenkrankenhaus. 5 Jahre darauf scheint sein bürgerliches Leben doch wieder Struktur anzunehmen und Hoffnung kommt auf, bis dann 10 weitere Jahre später später die Entführung durch Aliens kommt.
Das Kreativteam bestehend aus Ryan North und Albert Monteys geht nicht nur voller Feingefühl, sondern auch mit viel Leidenschaft an diese Comicadaption heran. Auch, wenn mir der Vergleich zur Vorlage fehlt, so habe ich doch nicht das Gefühl, dass hier etwas zu kurz gekommen oder nicht entsprechend dargestellt worden wäre – und bei solch einem Projekt kann einiges schiefgehen, da muss ich definitiv meinen Hut ziehen!
Zwischen Trauma und Hoffnung
Wie die Mischung so sehr gelingen kann finde ich immer noch beachtlich. Auf der einen Seite wird hier von so furchtbaren und traumatischen Ereignissen erzählt und dann befinden wir uns im nächsten Moment mitten unter den Tralfamadora, den Außerirdischen, die Billy Pilgrim – unseren Protagonisten -entführt haben. Es ist ihr Blick auf die Dinge, die den jungen Mann zwar anfänglich verstören, doch dann irgendwie auch Frieden bringen. Es gibt keinen linearen Verlauf unseres Lebens, keinen Unterschied für sie, ob wir überhaupt noch am Leben oder schon tot sind, es ist das Gesamtbild das zählt.
Die Distanziertheit lässt die Eindrücke aber nicht weniger einschlagen, es ist einfach ein anderer Blickwinkel, der auf interessante Weise sehr pragmatisch und zugleich philosophisch wirkt.
Somit ist dies ein Comic, der ganz klar unter die Haut geht und einen Nachklang hinterlässt, der einiges bewegen kann. Eine schwere Thematik mit Nachdruck, aber zeitgleich aufgelockert vermittelt, ohne je den Ernst der Lage aus den Augen zu verlieren. Und auch das Artwork, zwischen dunklen Szenen aus dem Krieg und einer wesentlich helleren und farbenfroheren Darstellung auf einem anderen Planeten haben es mir sehr angetan. Definitiv eine Leseempfehlung!
Leider muss ich (mal wieder) gestehen, dass ich die Romanvorlage nicht kenne, doch ich würde einfach mal behaupten, dass die Comicadaption von Schlachthof 5 dieser in nichts nachsteht. Einnehmend und mit einem ordentlichen Nachklang, der vieles zeigt ohne es sagen zu müssen. Eine Geschichte zwischen traumatischen Kriegsereignissen und der Zuflucht auf einem anderen Planeten.
KAUFEN!
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