Rezension | Toxische Macht von Christian Linker
Titel: Toxische Macht | Autor*in: Christian Linker | Verlag: dtv | Erscheinungsdatum: 19.02.2021 | Seitenzahl: 336
Das brisante Porträt der Gesellschaft und unserer Zeit
Eher zufällig ist die 24-jährige Studentin Coco Frahm in den Monaten nach dem Lockdown an die Spitze der neuen Partei »Future« gelangt. Dabei hatte Coco auf dem Gründungscamp der Partei ihre Gedanken zur »neuen Langsamkeit« ganz spontan geäußert. Doch mit ihrem Anliegen, endlich ernst zu machen mit dem »Raus aus der Stress- und Konsumgesellschaft«, traf sie ins Herz der Menschen. Und nun könnte sie plötzlich Bundeskanzlerin werden. Mit 24! Doch »besorgte Bürger« wollen Coco stoppen. Notfalls mit Gewalt – solange es wie Selbstmord aussieht. Ausgerechnet Cocos Ex-Freund Maikel soll den schmutzigen Job übernehmen. In der Nacht vor dem entscheidenden Wahlsonntag treffen Coco und Maikel aufeinander …
Vielen Dank an den Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars!
Da der Titel gerade im aktuellen Zeitgeschehen sehr arbeitet und dadurch auch sehr präsent war, war auch ich so neugierig, dass ich mir gerne ein Bild davon machen wollte.
Schwierige & wichtige Themen
Wenn man sich die geschriebenen Bücher von Christian Linker anschaut, wird schnell klar, dass er einen besonderen Fokus auch auf sehr wichtige Themen legt und diese im Jugendbuch mehr etabliert – was ich an sich schon sehr erstrebenswert finde. Die Thematik aus Toxische Macht ist glaube ich gerade dadurch sehr schwer, weil sie für alle sehr präsent ist und auch einige Menschen dieser „überdrüssig“ sind. Das soll gar keine Wertung sein, wir merken glaube ich alle, wie sich kaum noch ein Raum bietet, ohne dass Covid zur Sprache kommt.
In diesem aufgezeigten Szenario geht es aber viel mehr darum, dass wir die Pandemie bereits überwunden haben und welche Folgen diese mit sich bringt, im politischen Sinne. So hat sich die aufstrebende Partei FUTURE gebildet, die ihren Ursprung in den Fridays for Future Protesten gefunden hat.
Coco ist eher ungeplant ganz vorne mit dabei und ungeplant mitten im Geschehen gelandet. Doch was tun, wenn sich mit 24 Jahren auf einmal die Möglichkeit bietet wirklich etwas in der Politik zu verändern?
Toxische Macht ist das beste Beispiel dafür, wie sich manchmal eine Eigendynamik entwickelt, der man sich kaum entziehen und gegen die man nicht so leicht etwas ausrichten kann. Weder bringt Coco die nötigen Kompetenzen mit, noch war sie auf solch eine Position vorbereitet. Aber genau das zu sehen, wie es dennoch (mehr oder weniger) funktioniert, ist das Faszinierende und zugleich Erschreckende.
Zeitgleich gibt es aber noch einen „zweiten“ Handlungsstrang, der sich mit Maikel beschäftigt – ehemals Cocos Freund und selbst (Klima-)Aktivist. Durch persönliche Probleme zwischen den beiden und männlicher Gekränktheit findet er sich aber in einem komplett anderem Spektrum wieder und auch diesen Weg kann man als Leser:in teilweise verfolgen.
Nicht ganz rund
Ich habe vor einige Zeit bereits ein Buch von Christian Linker gelesen („Und dann weiß jeder, was ihr getan habt“), was mich ebenfalls von der Thematik sehr angesprochen, von der Umsetzung aber leider nicht überzeugen konnte. Hier geht es mir leider ähnlich, worüber ich mich selbst ärgere. Ich finde die Ansätze des Autors, wie bereits anfangs erwähnt unglaublich wichtig. Mir sind aber einige Szenen dann doch zu überdreht, unrealistisch oder zumindest nicht nachvollziehbar genug, damit das Buch bei mir diese Wirkung hervorruft, die eigentlich gewünscht ist.
Auch mit den Charakteren bin ich nicht warm geworden, obwohl ich die Entwicklungen wirklich interessant fand.
Der Schreibstil hat hier schon wesentlich eher meinen Geschmack getroffen, aber der gewisse Funke ist leider nicht übergesprungen.
Ich glaube teilweise war mir das Szenario und auch die Charaktere zu oberflächlich, als dass ich richtig Leidenschaft beim Lesen entwickelt hätte, was nicht bedeuten soll, dass ich kein Potenzial genau dafür für andere Leser:innen sehen würde. Es ist einfach immer die Frage, wie etwas wahrgenommen wird.
Somit hat mir das Buch zwar leider nicht das gegeben, was ich mir nach der Idee erhofft hätte, dennoch finde ich es wirklich wichtig und hoffe sehr, dass es anderen Leser:innen da ganz anders ergeht als mir. Ich habe schon einige faszinierende Stimmen gehört und kann diese auch im Kern verstehen – daher schaut euch das Buch unbedingt genauer an wenn es euch anspricht – an Aktualität wird es so schnell leider nicht verlieren.
Mit Toxische Macht hat Christian Linker nicht nur an sehr aktuelle Geschehen angeknüpft, sondern auch ein Szenario durchgespielt, was zwar teilweise noch sehr utopisch wirkt, dadurch aber nicht an Wirksamkeit verliert. Die Entwicklungen und Themen fand ich unglaublich spannend und wichtig, wenn ich auch mit der Umsetzung leider nicht ganz so warm geworden bin. Das ist aber wie immer Geschmackssache, lasst euch also nicht abschrecken und macht euch selbst ein Bild!
KAUFEN!
AUCH REZENSIERT VON: Zeilenfluch | Literatur Lounge | Ink of books