Rezension | Vier mal Angst von Mike Chick
Titel: Vier mal Angst | Autor*in: Mike Chick | Verlag: Piper | Erscheinungsdatum: 28.07.2022 | Seitenzahl: 452
Eine Familie – vier Geheimnisse. Abgründe hinter einer vermeintlich perfekten Fassade. Für alle Fans von Psychothrillern und Horrorromanen à la Stephen King und Sebastian Fitzek
„Die Dunkelheit war so dicht und erdrückend, dass David sich vorkam, als hätte man ihn lebendig in einen Sarg gesteckt und den Deckel zugenagelt. Und wie in einem Sarg, gab es in diesem Keller nur zwei Dinge: Finsternis und jede Menge Zeit. Zu viel Zeit.“
Die Kramers sind das Ebenbild einer perfekten Familie, da sie miteinander über ihre Probleme reden, bevor sie zu solchen werden können. Alles ist bestens. Bis eines Tages das Schweigen über die vier hereinbricht und aus ihren Ängsten ein Albtraum heranwächst, dem keiner von ihnen entkommen kann.
Vielen Dank an den Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars!
Nachdem mich der Autor mit Der Käfig schon ziemlich angefixt hat war ich unglaublich gespannt auf sein neues Werk und konnte mir das unmöglich entgehen lassen.
Wenn der Schein trügt
Familie Kramers hält sich nicht nur selbst für eine Vorzeigefamilie, vor allem alle Außenstehenden tun dies. Ein erfolgreicher Vater, eine wunderschöne und liebevolle Mutter und Tochter und Sohn, die gute Noten mit nach Hause bringen und stets mit ihrer Freundlichkeit und sozialen Ader punkten. Dass ausgerechnet die Kramers in das Schreckenshaus eingezogen sind, aus dem die letzte Familie nach einer großen Tragödie ihr schreckliches Ende gefunden hat, grenzt schon fast an Ironie.
Doch was, wenn nicht alles Gold ist, was glänzt? Wenn auch diese Familie mit ihren Dämonen zu kämpfen hat?
Es ist ein schleichender, wenn auch ein unaufhaltsamer Aspekt, der beim Lesen für die typischen Momente zum Haare raufen sorgt. Der Sohn kommt in eine ungeahnte Mobbingsituation, die ihn an seine Grenzen treibt, die Tochter wird von einem vermeintlichen Schönheitsideal und Essstörungen eingeholt, die Mutter erliegt ihrer Affäre und der Vater entwickelt eine ausgewachsene Paranoia. Doch es ist nicht nur die Familie, die sich von innen selbst zerfrisst, auch andere Charaktere haben ihre Finger im Spiel und schaffen es das Schreckensszenario immer weiter anzufeuern.
Rau, kompromisslos und hart
Mit seinem Schreibstil sorgt Mike Chick bei mir auch hier wieder für eine kleine Hassliebe – die raue Art ist sicherlich nicht für alle genau das richtige, doch im Horror Genre macht sie eben schon einen gewissen Flair aus. Tatsächlich erinnert mich der Stil ein wenig an den von Richard Laymon und das meine ich wirklich positiv und anerkennend. Jetzt kommen wir zum kleinen aber…Aber. Gerade sensible Themen werden dadurch auch meist sehr unsensibel angegangen, was für einige Leser*innen bestimmt kein Problem ist, für andere aber schon. Deswegen würde ich hier schon eine klare Triggerwarnung für Bodyshaming aussprechen. Ich weiß, dass das Genre nicht gerade für reflektiertes Verhalten steht, aber ich bin mir sicher, dass es der Stimmung keinen Abbruch tun würde.
Unabhängig davon würde ich mir wünschen, dass der Satz „Jedem das Seine.“ nicht mehr genutzt wird. (Prangte am Tor vom Konzentrationslager Buchenwald.)
Das ist jetzt ziemlich viel Gemecker, soll aber keinesfalls das Buch per se schlechtreden, denn für mich war es dennoch ein Pageturner – vielleicht nur ein wenig an die Feinfühligkeit auch in diesem Genre appellieren.
Denn in meinen Augen hat Mike Chick unfassbar viel Potenzial auf Lager, dass sich auch in seinen bisherigen Büchern zeigt und dafür sorgt, dass ich auch zu seinen nächsten Werken greifen werde. Zwischen Horror und Thriller findet man gerade bei deutschsprachigen Autor*innen nicht immer etwas für den eigenen Geschmack, ich bin hier fündig geworden und sehr happy darüber. Dennoch glaube ich, dass der Autor noch ein kleiner Rohdiamant ist und das was kommen wird, das wird uns erst so richtig umhauen!
Doch auch hier lohnt sich das Zugreifen auf jeden Fall, wenn es auch nichts für schwache Nerven ist. Der psychische Verfall der Familie ist nicht mit leicht anzusehen und am liebsten möchte man direkt eingreifen – eine kleine Herausforderung, die sich aber definitiv für mich gelohnt hat.
Auch mit Vier mal Angst konnte mich Mike Chick wieder begeistern und hat mir einen Pageturner geliefert, der mich teils an meine Grenzen gebracht, aber vor allem gut unterhalten hat. Ein paar kleine Kritikpunkte gibt es zwar, aber vor allem sehe ich unglaublich großes Potenzial in diesem Autor.
Eine vermeintlich perfekte Familie, vier Geheimnisse und noch mehr Gefahren, die sie alle einholen!
KAUFEN!
AUCH REZENSIERT VON: Dauerleserin
1 comment found