Rezension | Wasserschlangen
Titel: Wasserschlangen | Autor: Tony Sandoval | Übersetzer: Monja Reichert | Illustrator: Tony Sandoval | Verlag: Cross Cult | Erscheinungsdatum: 12.05.2021 | Seitenzahl: 144
Von Geistern, gefallenen Königen und Magie
Mila ist ein einsamer Teenager, die einen weiteren langweiligen Sommerurlaub einfach nur hinter sich lassen will … bis sie Agnes trifft, ein tollkühnes Mädchen, das sich als waschechtes Gespenst entpuppt! Doch sie ist nicht nur ein gewöhnlicher Geist: in sich trägt sie die Essenz eines alten, gefallenen Königs und ihr Mund ist voller Zähne, die ein fürwahr kurioses Geheimnis bergen.
Der dreimal für den Eisner-Preis nominierte Schriftsteller und Künstler Tony Sandoval (DOOMBOY) aus Mexiko präsentiert eine wundersame Welt mit geheimen Orten und traumhafter Magie, die in den alltäglichen Winkeln unserer schlafenden Phantasie verborgen sind.
Vielen Dank an den Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars!
Mit diesem Titel hat der Cross Cult Verlag auf jeden Fall meine Neugier geweckt, so hat das Cover schon darauf hingedeutet, dass sich hier mal etwas ganz anderes und besonderes dahinter versteckt.
Wahnsinns Artwork
Wen das Cover schon neugierig macht, der sollte unbedingt auch einen Blick hinein werfen. Es ist ja tatsächlich nicht immer so, dass sich auch innerhalb der Geschichte der gleiche Stil wiederfindet, hier aber auf jeden Fall. Tony Sandoval ist nicht nur Autor, sondern hier auch für das Artwork zuständig, das sich mehr als nur sehen lässt.
Jede Seite ein Kunstwerk für sich, denn die Aquarellzeichnungen haben es in sich.
Es ist unglaublich, was der Künstler hier geschaffen hat und jeden einzelnen Moment so gut einfängt und mit Bedeutung ausschmückt. Stellenweise würde die Geschichte auch ohne Text auskommen, so überrascht es weniger, wenn man zwischendurch auch einfach in den Bilden verweilt.
Ein großer Sturm, der aufzieht, einen mit sich reißt und in dem man sich einfach verliert.
Ich hätte nicht gedacht, dass mich dieser Zeichenstil so sehr begeistern könnte. Doch die Aussagekraft, die hier drin steckt, ist einfach grandios. Es ist die Landschaft, die kleinen Details, aber auch der Ausdruck der Charaktere, der so ganz anders zur Geltung kommt, als man es meistens sieht.
Ein düsteres Märchen
Märchenhafte Erzählungen catchen mich ja meist sehr schnell, hier gibt es aber eine kleine Besonderheit. Denn eigentlich beginnt die Story, neben einer kleinen Einführung, doch eher alltäglich. Mila zieht sich durch einen eher langweiligen Sommerurlaub und findet wenig Anschluss, bis ihr die sonderbare Agnes über den Weg läuft.
Schritt für Schritt gibt es immer mehr kleine Veränderungen, vor allem auch in der Atmosphäre, die dafür sorgen, dass das normale Setting immer mehr verschwimmt und man eine Welt betritt, die sich nicht mehr so ganz mit unserer Realität verknüpft.
Gerade an der Seite von Mila ist man auch als Leser:in immer wieder hin und her gerissen. In dem einen Moment wirkt alles so wirklich, nur damit kurz darauf die Realität über einen hereinbricht und man weiß, dass das so eigentlich nicht sein kann. Nach einem kleinen Umbruch der Story bekommt aber auch der düstere Märchenanteil immer mehr Gewichtung und irgendwann gewinnt er auch an Überhand.
Ich habe manchmal meine Probleme mit abstrakteren Storys und komme eher mit klaren Strukturen zurecht, doch auch ich bin diesem Comic total verfallen und konnte mich nur schwer davon verabschieden. Und das obwohl das Ende richtig schön war. Ein bisschen ist es, als wenn man kurz vorm Ertrinken wäre und von den Wellen mitgenommen wird – eine sehr intensive, teils sehr traurige und düstere Geschichte, aber ebenso stark und voller Emotionen.
Mit Wasserschlangen hat Tony Sandoval seinem Ruf alle Ehre gemacht und ein außergewöhnliches Werk geliefert. Eine wirklich einzigartige und unglaublich starke Story, von der man sich einfach mitreißen lassen muss. Ein düsteres Märchen, das sich in die Realität geschlichen und dort einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat – nicht zuletzt, durch die fantastischen Zeichnungen.
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