Rezension | Als die Stadt in Flammen stand von Kimberly Jones & Gilly Segal

Rezension | Als die Stadt in Flammen stand von Kimberly Jones & Gilly Segal

Titel: Als die Stadt in Flammen stand | Originaltitel: I’m not dying with you tonight | Autor*in: Kimberly Jones & Gilly Segal | Übersetzer*in: Doris Attwood | Verlag: cbt | Erscheinungsdatum: 13.09.2021 | Seitenzahl: 272

Ein schwarzes und ein weißes Mädchen. Eine Stadt in Flammen. Nur gemeinsam können sie überleben.

Lena hat Stil, einen coolen Freund und einen Plan. Campbell dagegen will einfach nur das Jahr an der neuen Schule schaffen. Als die Mädchen ein Footballmatch besuchen, geraten sie plötzlich in eine Masseneskalation. Eine Eskalation, die von Hass und Gewalt getragen ist und bei der sich beide unverhofft Seite an Seite wiederfinden. Lena und Campbell sind nicht befreundet. Doch das ist unwichtig, wenn die Stadt in Flammen steht und man aufeinander angewiesen ist, will man die Nacht überleben … Ein aufwühlender und hochaktueller Roman von Autorenduo Kimberly Jones und Gilly Segal, der ein Schlaglicht wirft auf Rassismus und ethnische Beziehungen.

Vielen Dank an den Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars!

Tatsächlich war ich super angefixt, als ich das Buch entdeckt habe und wusste: das muss ich unbedingt lesen!

Schwieriger Einstieg

Wie das manchmal mit den hohen Erwartungen so ist: sie stehen uns selbst im Weg.
Vorweg: das soll auf keinen Fall heißen, dass das Buch nicht gut gewesen wäre (!), allerdings haben sich die Autorinnen hier beim sprachlichen Stil sehr an Jugendlichen orientiert, was im Original vielleicht auch ganz hervorragend passt, doch die Übersetzung ist bei mir wahnsinnig angeeckt. Ich habe damals The Hate U Give auf Englisch gelesen und fand es sprachlich grandios (wenn mit meinen bescheidenen Sprachkenntnissen auch leicht heraufordernd) und im Deutschen dann auch…naja, mäh. Ich glaube aber auch, dass das eine ziemliche Herausforderung für Übersetzer*innen ist.
Long Story short – ich bin einfach überhaupt nicht in die Geschichte reingekommen und habe das Buch durch die, für mich, sprachlichen Stolpersteine erst einmal zur Seite gelegt, wobei ich mich doch eigentlich so sehr darauf gefreut hatte.

Beim zweiten Versuch und ein bisschen mit der Motivation „Augen zu und durch“ war es dann gar nicht mehr so der Aufhänger, manchmal ist man für gewisse Dinge ja aber auch einfach anfälliger. (Und sind wir ehrlich, ich werde auch einfach alt – lasst euch also von meinem Gezimper nicht abschrecken.)
Denn die Story, für die sich Kimberly Jones und Gilly Segal hier zusammengesetzt haben ist gut und wichtig! Das Buch schlägt in eine Kerbe von Literatur, bei der es zwar traurig ist, dass es sie geben muss, aber umso wichtiger, dass sie endlich ihren Platz auf den Buchmarkt und auch in den Handlungen findet.

Campbell ist neu in der Stadt und an der Schule und will einfach nur das letzte Jahr hinter sich bringen. Vom Wesen und Auftreten her scheinbar das genaue Gegenteil zu Lena, die gerade in all ihren Zügen das Leben auskosten möchte, wenn sie sich auch ziemlich von ihrem Freund „runterziehen“ lässt. Kurzum: die beiden würden eigentlich niemals zueinander finden, liegen doch Welten zwischen ihren Leben bis zum großen Footballspiel, bei dem Campbell aushilft und Lena als Zuschauerin ist und beide miterleben müssen, wie einfach alles entsetzlich schiefläuft…

Kleine Kritik, dennoch große Message

Interessant war es hier, dass die Autorinnen es nicht so richtig auf den Punkt bringen, welche Hautfarbe die beiden Mädchen haben, bzw. lange mit diesem Punkt „spielen“.
Es zeigt einmal mehr auf, welche Vorurteile wir haben und welche Stereotypen wir immer wieder entwickeln. Das muss gar nicht immer mit böser Absicht sein, verdeutlicht aber umso mehr das strukturelle Rassismusproblem.
Jetzt soll natürlich nicht der Punkt aufkommen „ja, Hautfarbe ist ja auch egal!“ Nein. Bitte nicht. Es soll wirklich uns wiederspiegeln, unser vorschnelles Abtun und das, was wir beigebracht bekommen. Denn natürlich macht es einen Unterschied. In der Regel bringt es eine andere Sozialisierung und vor allem andere Privilegien mit sich, die man nicht verschweigen darf.

Ich kann mir gut vorstellen, dass gerade in Deutschland die Message nicht ganz so wirkt wie im amerikanischen Raum, so habe ich es zumindest bei anderen Büchern dieser Thematik mitbekommen, doch diese Ungerechtigkeit herrscht durchaus auch hier.
Aber ja, ich kann mir das Szenario auch nicht bildlich vorstellen: eine Eskalation durch die jeweils „befeindeten“ Fans, die durch Wut und Hass Ausmaße annimmt, die die ganze Stadt zum Brennen bringt – doch Kimberly Jones und Gilly Segal haben hier eindringlich und spannend beschrieben, wie schnell so eine Glut entfachen kann. An der einen oder anderen Stelle hätte ich mir noch ein bisschen mehr Tiefgang gewünscht und auch zum Ende hin vielleicht noch ein kleines bisschen mehr. Ich glaube, dass man noch mehr Wirkung bei dieser Geschichte hätte rausholen können, gerade auch mit der emotionalen Beziehung zu den beiden Charakteren, die bei mir nicht ganz so entfacht ist.
Ein Gesamtpaket mit Ecken und Kanten, das es aber durchaus in sich hat und definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient!
(Übrigens hat Kimberly Jones eine unglaubliche kraftvolle Rede zu #BLM und George Floyd gehalten.)

Durch den sprachlichen Stil brauchte ich leider einen zweiten Anlauf für Als die Stadt in Flammen stand von Kimberly Jones und Gilly Segal – doch dieser hat sich mehr als nur gelohnt. Wenn auch mit kleinen Ecken und Kanten ein wichtiges und spannendes Gesamtpaket, das definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient.

KAUFEN!

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