Rezension: Berühre mich. Nicht. / Laura Kneidl
Und dann tat ich etwas, was ich nie für möglich gehalten hätte.
Ich lächelte.
Verlag: LYX | Erscheinungsdatum: 26.10.2017
Seitenzahl: 464
Als Sage in Nevada ankommt, besitzt sie nichts – kein Geld, keine Wohnung, keine Freunde. Nichts außer dem eisernen Willen, neu zu beginnen und das, was zu Hause geschehen ist, zu vergessen. Das ist allerdings schwer, wenn einen die Erinnerungen auf jedem Schritt begleiten und die Angst immer wieder über einen hereinbricht. So auch, als Sage ihren Job in einer Bibliothek antritt und dort auf Luca trifft. Mit seinen stechend grauen Augen und seinen Tätowierungen steht er für alles, wovor Sage sich fürchtet. Doch Luca ist nicht der, der er auf den ersten Blick zu sein scheint. Und als es Sage gelingt, hinter seine Fassade zu blicken, lässt das ihr Herz gefährlich schneller schlagen.
Als ich von diesem Buch das erste Mal gehört hatte, war ich ein wenig skeptisch. Ok, vielleicht war ich auch zuerst in das Cover verliebt. Aber dennoch, Laura Kneidl ist eher für ihre Fantasybücher im Jugendbreich bekannt, wie wird sich dann wohl der Genrewechsel machen? Umso gespannter war ich nach den ersten Leserstimmen, die diese Geschichte aus höchsten Tönen gelobt haben. Und umso mehr habe ich mich gefreut, sie mit Buchgang gemeinsam zu lesen.
Die ersten Seiten konnten bereits mit einem unglaublich fesselnden und leichten Schreibstil überzeugen, der dafür gesorgt hat, dass man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen wollte. Ich habe einfach von der ersten Sekunde an in der Geschichte drin gesteckt und sein Leben hält man ja schließlich auch nicht an, oder?
Und dann kommen sie, relativ zügig, ein fantastischer Charakter nach dem nächsten. Ich bin einfach begeistert.
Ich habe ein typisches Schema erwartet und demnach auch die dazu bestimmten Charaktere. Nun hält es sich zwar so, dass man auf den ersten Blick meinen könnte, dass genau diese Klischees hier bedient werden, dem ist aber überhaupt nicht so. Zumindest hatte ich keinesfalls das Gefühl.
Ich wollte wissen, wie es sich anfühlte, mit einem Mann zusammen zu sein.
Manchmal träumte ich davon, denn in meinen Träumen war ich mutig.
Sage ist anders, gebrochen und doch zeitgleich so unglaublich stark und zielorientiert. Ich bewundere ihren Mut und ebenso ihre Schwächen, denn auch, wenn sie diese teilweise versucht zu verstecken, so kämpft sie doch jeden Tag dagegen an. Ein Schicksal, das lange im Verborgenen bleibt, einen aber dennoch ungemein zu Herzen geht.
Von ihren Freundinnen, Megan und April, fange ich am liebsten gar nicht erst groß an, denn dann würde die Schwärmerei kein Ende mehr finden, zwei junge Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und die sich wohl jeder Mensch an seine Seite wünscht.
Und nun Vorhang auf für den vermeintlichen Badboy, der aber nun einmal gar keiner ist.
An dieser Stelle wird man einfach von Ehrlichkeit, Mitgefühl und Zuneigung entwaffnet und findet einen Charakter, wie man ihm wohl ansonsten nicht sehr oft begegnet. Es werden Sicherheit, Stärke und Selbstständigkeit vermittelt und aufgebaut und hach. Ich bin wirklich begeistert von den hier dargestellten Charaktereigenschaften.
Dem Verhältnis zwischen den beiden gebraucht es kaum Worte, denn manchmal versteht man die Bedürfnisse und Gefühle eines anderen Menschen auch einfach so.
Er lächelte verlegen, und ich wusste, dass er verstand.
Er verstand, dass ich ihm nicht nur für die Pancakes dankte, sondern für all die Worte, die er nicht sagte, und all die Fragen, die er nicht stellte.
Und trotz der wohligen Wärme, die ich durch all die tollen Momente und der einnehmenden Charaktere in dieser Geschichte verspürt habe, blieb dennoch durchweg ein unangenehmes Gefühl, weil man einfach wusste, dass noch etwas kommen wird. Dass selten etwas gut läuft und schlimme Geschehnisse nicht von einen auf den nächsten tag verschwinden, weil man seine Vergangenheit nicht einfach abstreifen kann.
Mir hat es ehrlich gesagt schon ein wenig vor dem Ende gegraust, da genau dieses selbst von den Liebhabern kritisiert wurde. Und dann kam es. Ja, ich war zutiefst schockiert. Allerdings fand ich es keinesfalls schlecht, es hatte eher etwas authentisches für die ganze Situation und ein besonders ausgeschmückter Cliffhanger ist den meisten sicherlich auch nichts Neues. Aber ich kann euch diese Geschichte nur ans Herz legen, ihr werde es nicht bereuen.
„…Vielleicht will uns das Schicksal etwas damit sagen.“
Ich blinzelte unter dem Erbsenbeutel hervor. „Und was?“
Er zuckte mit den Schultern und stand auf. „Keine Ahnung. Womöglich, dass wir zukünftig besser aufeinander aufpassen sollten?“
Laura Kneidl hat mit dieser Geschichte auf jeden Fall ein Werk geschaffen, dass unter vielen hervorsticht. Für mich war die Geschichte absolut einzigartig, gefühlvoll, spannend, traurig, lebendig und mitreißend, und das alles zugleich.
Vielleicht hat auch das gemeinsame Lesen dafür gesorgt, dass man den Inhalt noch mehr, noch besser reflektieren konnte. Aber allein mit dem Wissen um diesen Inhalt hätte ich es auch nicht ausgehalten und wäre wohl geplatzt.
Der zweite Band ist bereits vorbestellt, erscheint zum Glück schon Ende Januar, und wird wahrscheinlich in dem Moment verschlungen, in dem ich ihn in den Händen halten kann!
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