Rezension | Das Jahr der Hexen von Alexis Henderson

Rezension | Das Jahr der Hexen von Alexis Henderson

Titel: Das Jahr der Hexen | Originaltitel: The Year of the Witching | Autor: Alexis Henderson | Übersetzer: Susanne Picard | Verlag: Festa | Erscheinungsdatum: 28.05.2021 | Seitenzahl: 480

Ein atemberaubender Roman über eine junge Frau, die in einer unerbittlich puritanischen Gesellschaft lebt und dunkle Kräfte in sich entdeckt.

In Bethel ist das Wort des Propheten Gesetz. Allein Immanuelles bloße Existenz durch die Liebe ihrer Mutter zu einem Fremden ist Gotteslästerung.
So wie alle anderen Frauen in der Siedlung führt Immanuelle ein Leben der Unterwerfung und absoluten Hingabe.
Doch dann betritt sie die verbotenen Dunklen Wälder, die Bethel umgeben. Sie werden von den Geistern von vier Hexen heimgesucht. Diese machen Immanuelle ein außergewöhnliches Geschenk: Das Tagebuch ihrer verstorbenen Mutter …
Fasziniert von den geheimnisvollen Aufzeichnungen, fällt es Immanuelle schwer zu verstehen, weshalb sich ihre Mutter mit den mächtigen Hexen verbündete. Bis sie die grausame Wahrheit über den Heiligen Krieg des ersten Propheten erfährt, bei dem unzählige Frauen und Mädchen missbraucht, gefoltert und verbrannt wurden.

Vielen Dank an den Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars!

Uhhhh…wie habe ich mich auf dieses Buch gefreut! Nicht nur, weil ich einfach zu wenig Bücher über, bzw. mit Hexen lese, sondern auch, weil ich hier ganz besonders gespannt auf die Story war.

Eine schwierige Zeit & wichtige Themen

Wenn ich es nicht überlesen habe, so gab es hier zwar keine konkrete zeitliche Einordnung, ich würde vom Gefühl her aber auf das Ende der Frühen Neuzeit tippen. So war die Hexenverbrennung noch nicht vom Tisch, doch die Religion wohl mit in ihrer dunkelsten Höchstform. Da ist es auch keine große Überraschung, dass die Stellung der Frau sich ziemlich weit unten befunden hat. Und so wichtig ich dieses Thema auch finde, muss ich wirklich zugeben, dass es mich schier in den Wahnsinn treibt.

Alexis Henderson beschäftigt sich hier allerdings nicht „nur“ mit der Unterdrückung der Frau und religiösem Fanatismus, sondern lässt auch das Thema Rassismus nicht außen vor. Hier muss ich ihren sprachlichen Gebrauch in all den Themen wirklich loben. In manchen Szenen kommt man nun einmal nicht um den heißen Brei herum, wenn man auf gewissen Themen aufmerksam machen möchte, doch die Schwarze Autorin geht an alles unglaublich sensibel heran. Manchmal hat auch genau das für eine ziemlich erschütternde Wirkung gesorgt, weil es einmal mehr gezeigt hat, wie wichtig zwar unser Sprachgebrauch ist, aber er eben nicht alles ist und die Taten dadurch auch nicht besser werden.

So kommt es, dass die junge Immanuelle, deren Mutter bereits unter anderem der Hexerei angeklagt wurde und die eine dunklere Hautfarbe als die restliche Gemeinschaft hat, da ihr Vater aus einem der „Vororte“ kommt sich in einem System wiederfindet, das vom Propheten geleitet und regiert wird. Eine Gesellschaft mit klaren Regeln und Strukturen, die sich aber eigentlich immer wieder widerspricht und eigentlich nur darauf aus ist, die Frauen zu unterdrücken und gefügig zu machen, anderen ihren „Glauben“ aufzuzwingen und sich selbst über allem erhaben zu fühlen.

Ist dort noch Raum für Hexen?

Tja, bei all den wichtigen und unglaublich großen Themen – wie viel Platz bleibt hier für die Hexen, bzw. dem erhofften Fantasy-Anteil? Nicht allzu viel. Wer also gerade deswegen zu diesem Buch greifen wollte, könnte eventuell ein wenig geknickt aus der Geschichte rausgehen. Es gibt definitiv auch hier die passenden Momente, doch diese halten sich eben doch eher zurück und werden von der Grundstimmung ein wenig in den Hintergrund gerückt.
Dafür bietet die Autorin aber einen wirklich passenden Schreibstil, der einen direkt in die puritanische Zeit versetzt. Allerdings sorgt auch das Ausbleiben der gewünschten Elemente für einen flachen Spannungsbogen am Anfang, der durchaus später angezogen wird, aber eben seine Zeit braucht.

Dazu kommt, dass wenn es schon mal schaurig einhergeht, alles gefühlt ziemlich plötzlich erscheint und mir meistens die bildliche Vorstellung gefehlt hat. Dieser Kritikpunkt zieht sich aber auch über das restliche Setting, da hätte ich mir manchmal ein paar mehr Umschreibungen gewünscht. Es war aber auch nicht so schlimm, dass man jetzt abgeschreckt sein müsste. Hier darf man wahrscheinlich auch nicht vergessen, dass es sich um den Debütroman der jungen Autorin handelt.

Besonders interessant fand ich die Entwicklung von Immanuelle und auch die Gegensätzlichkeit zu Ezra, dem Sohn des Propheten. Gerade am Anfang hätte ich die beiden genau andersherum eingeschätzt von ihren Einstellungen – doch genau hier kommt auch wieder das unterdrückende System zum Zuge.
Alles in allem hat mir die Geschichte ein wenig zu lang gebraucht, um sich wirklich zu entfalten, wenn mir der Stil auch schon sehr bewusst erscheint, da es etwas von einem Puzzle hat, das sich mehr und mehr zusammensetzt. Zum Ende hin ging es mir dann im Vergleich fast zu schnell, ein Mittelmaß von beidem hätte der Geschichte auf jeden Fall einen Kick gegeben. Im Gesamtpaket merke ich aber, dass mir die Geschichte doch noch immer im Kopf herumschwirrt, was definitiv eine große Leistung von Alexis Henderson ist und wodurch ich eine Leseempfehlung aussprechen kann.
Fokussiert euch nicht zu sehr auf die Hexen und lasst euch auf die Story ein – aber passt auf, sie zerrt sehr an einem!

Meine Erwartungen an Das Jahr der Hexen von Alexis Henderson ging in eine ganz andere Richtung, bzw. hatte einen anderen Fokus. So sind es hier weniger die Hexen selbst, bzw. die Fantasy-Anteile, die die Geschichte einnehmen, sondern die puritanische Gesellschaft, die alles andere als gütig gegenüber Frauen und Menschen im Allgemeinen ist, die ihrem Ideal nicht entsprechen.
Eine aufreibende Story, die sich erst entfalten muss und sehr an den Nerven zerrt, dafür aber noch eine Weile im Gedächtnis herumschwirrt – alles in allem ein starker und außergewöhnlicher Debütroman.

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