Rezension: Das Schloss / Franz Kafka

Rezension: Das Schloss / Franz Kafka

Titel: Das Schloss  |  Autor: Franz Kafka  |  Verlag: Manesse  | Erscheinungsdatum: 23.04.2018 | Seitenzahl: 608

In seinem wohl berühmtesten Buch nimmt Kafka die Fremdheits- und Ohnmachtserfahrungen des Totalitarismus vorweg. Obwohl bis ins Detail realistisch gezeichnet, entfaltet sich ein Szenario des Surrealen, von dem wie in einem Albtraum ein gebieterischer Sog ausgeht. «Das Schloss» spielt in einer undurchschaubaren Welt, die namenlosen Mächten gehorcht und in der es für den Landvermesser K. einfach kein Ans-Ziel-Kommen gibt. So sehr er sich auch abmüht, die spärlichen Fingerzeige seiner Umgebung zu deuten, er bleibt ein vergeblich Suchender, ein Abgewiesener mit Dulderstatus. Wer je das Zauberlabyrinth des Dr. Franz Kafka betreten hat, kommt nur als Verwandelter wieder heraus.

Vielen Dank an den Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars.

Viele kennen diesen Vorsatz sicherlich – „Endlich mehr Klassiker lesen“.
In der Schule habe ich nicht wirklich welche mitgenommen und auch danach stand es für eigentlich nie groß zur Debatte, nun wollte ich aber gerne etwas aufholen und die wundervollen Schmuckausgaben vom Manesse Verlag bieten sich einfach perfekt dafür an!

Ein neues Ausmaß der Verwirrung

Ich habe bereits von der einen oder anderen Stelle gehört, dass diese Geschichte doch für ein wenig Verwirrung sorgen kann – Spoiler: „ein bisschen“ ist untertrieben.
An dieser Stelle ist es aber sicherlich auch wichtig zu erwähnen, dass Kafka Das Schloss offiziell nie beendet hat. Wobei auch andere Werke von ihm auch schon zu dieser Reaktion geführt haben.
Doch auch, wenn alles ein wenig verwirrend scheint, so hat die Geschichte doch ihren ganz eigenen Sog.
Der Landvermesser K. möchte gerne seiner Tätigkeit nachgehen und reist zum Schloss, dort angekommen, weiß die Dorfgemeinschaft allerdings nichts wirklich mit ihm anzufangen und tritt ihm doch eher mit Argwohn entgegen. Dieses Verhalten ist nicht unüblich, gerade im betreffenden Zeitalter, dass sich eine Dorfgemeinschaft doch eher skeptisch gegenüber Fremden verhält.

Davon abgesehen, findet man hier eine kleine Parodie an unser bürokratisches System.
Ich weiß nicht, ob ihr „Asterix erobert Rom“ kennt – in der Folge muss der kleine Gallier zwölf Aufgaben erledigen, unter anderem soll er den „Passierschein A 38“ besorgen und eine wilde, scheinbar nie endende Tour durch das Amtswesen beginnt. So ähnlich habe ich K. hier gesehen, stets bemüht nun endlich seine offizielle Stellung anzutreten und in das Schloss zu kommen – vergebens.

Kein Ans-Ziel-Kommen

Nach und nach verliert man sich auch als Leser hinter diesem psychischen Spiel, auf der verzweifelten Suche nach einer Ankunft. K. scheint unerschütterlich, gibt nie auf und versucht es immer weiter. So arbeitet man sich durch die Geschichte und ist immer wieder fassungslos von der Resigniertheit der Dorfbewohner, den kleinen Machtspielen und der Intoleranz.
Scheinbar sind nicht nur wir selbst immer diejenigen, die sich im Weg stehen, manchmal sind es auch unsere Mitmenschen.

Ich muss zugeben, dass es jetzt keine große Erleuchtung für mich war als ich das Buch beendet habe.
ich habe auch nicht unbedingt das Gefühl nun etwas zu kennen, was mir vorher gefehlt hat.
Das Lesen war eine Mischung aus Faszination und Qual, ein weiterer Beweis dafür, wie Kafka seine Leser immer noch gefangen nehmen kann, aber dennoch auch kräftezehrend.

Mit Das Schloss hat Franz Kafka eine Geschichte geschaffen, in der sich der Leser einfach verlieren muss.
Ich war gefesselt, gebannt und dennoch hat mich die Geschichte jede Menge Kraft gekostet.
Es war wie Schwimmen gegen den Strom, aber das Ziel hat sich gelohnt.

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3 comments found

  1. Salut, Jill.
    Franz Kafka gilt als Paradebeispiel der literarischen Verzwickung, der unaufhaltsamen Einbindung der Leser in einen unwirklich erscheinenden, dennoch manifesten Schrecken. Vergleichbar Edgar Allen Poe, H. P. Lovecraft – wenn auch Kafkas Schrecken weniger der Phantastik entspringt (was wohl beunruhigender wirken kann).

    Gut möglich, dass Dir deswegen Leo Perutz‘ „Zwischen Neun und Neun“ gefallen könnte. Ein literarischer Verwandter von Kafka, der allerdings mehr Sujets abdeckte, wie der Ironie nicht abgeneigt war.

    bonté

    1. Huhu!
      Und vielen lieben Dank für den Tipp, das werde ich mir auf jeden Fall mal merken und gleich raussuchen.
      Vielleicht ist es aber auch wirklich nicht so ganz mein Stil, aber auf einen versuch werde ich es gerne ankommen lassen!

      Liebste Grüße <3 Jill

      1. …you’re welcome!
        Leo Perutz ist ein ausgesprochen abwechslungsreicher Schriftsteller gewesen; so ist mein persönliches Lieblingsroman von Ihm „Nachts unter der steinernen Brücke“.

        Kudos! Du bist ausgesprochen aktiv, wenn ich mir die neuen Posts seit meinem letztem vorbeilinsen betrachte.

        „Wir glühen innerlich, wenn wir uns anderen mitteilen. So bleiben wir sicher, nicht allein in der Weite aller Sterne zu sein.“
        (Florance Ippdit)

        Madame, ich empfehle mich!

        bonté

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