Rezension | Die Parabel vom Sämann von Octavia E. Butler

Rezension | Die Parabel vom Sämann von Octavia E. Butler

Titel: Die Parabel vom Sämann | Originaltitel: Parable of the Sower | Autor*in: Octavia E. Butler | Übersetzer*in: Dietlind Falk | Verlag: Heyne | Erscheinungsdatum: 12.07.2023 | Seitenzahl: 448

Octavia Butlers Meisterwerk in neuer Übersetzung und mit einem Vorwort von N. K. Jemisin

Wir schreiben das Jahr 2024. Klimawandel, Wirtschaftskrisen und ein politischer Rechtsruck haben das Leben in den USA von Grund auf verändert. Lauren Olamina lebt mit ihrer Familie in Kalifornien, relativ sicher vor Plünderern hinter hohen Mauern. Wer überleben will, muss Stärke zeigen, deswegen hütet Lauren ihr Geheimnis sorgfältig: Sie leidet an Hyperempathie – sie empfindet die Emotionen eines anderen Menschen so tief, als wären es ihre eigenen. Doch wenn sie will, dass ihre Stimme gehört wird, darf sie sich nicht länger hinter den Mauern verstecken. Also macht sich Lauren auf die Reise nach Norden, wo es noch Sicherheit und Jobs gibt. Was als Kampf ums Überleben beginnt, wird schnell zu sehr viel mehr: Der Geburt einer neuen Religion – und einer atemberaubenden Vision für die Zukunft der Menschheit.

Vielen Dank an den Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars!

Ich möchte schon so lange endlich etwas von der Autorin lesen, habe auch schon ein paar Bücher im Regal, doch dieses sollte nun das erste für mich werden.

Überraschend zeitlos

In dieser neuen Ausgabe gibt es auch ein Vorwort von N. K. Jemisin, was ich euch nur empfehlen kann. Es lässt bereits erahnen, was für ein außergewöhnliches Werk hier auf uns wartet. Denn Octavia Butler ist eine wahre Größe, gerade als Schwarze Frau, in der Science Fiction und hat hier einiges geprägt. Normalerweise schrecken mich Klassiker ein wenig ab, doch das ist gerade hier vollkommen unangebracht. Mit diesem eher dystopischen Werk trifft die Autorin einen anhaltenden Zeitgeist und fügt sich auch im heutigen Stil nahtlos ein, was schon fast erschreckend gut ist. Dafür, dass das Buch schon über 40 Jahre alt ist, war es dann schon ein bisschen komisch, dass sich die Geschichte in unserer jetzigen Zeit ansiedelt – zwar immer noch in einem anderen Zukunftsszenario, als das in dem wir leben, doch mit Problemen, die auch unserer Zeit keinesfalls fremd sind.

Die Menschheit zerstört immer mehr ihre eigene Lebensgrundlage und so zeigen auch Klimawandel, Wirtschaftskrisen und ein politischer Rechtsruck hier ihre Auswirkungen.
Die junge Lauren Olamina lebt mit ihrer Familie in einer Gegend, die noch mit Mauern geschützt ist. Keinesfalls reich, aber immer noch wesentlich besser, als viele andere Menschen es haben. Plünderungen, Überfalle und Mord stehen quasi an der Tagesordnung – doch Lauren entkommt in den ersten Jahren dem Grauen größtenteils und da sie keine andere Welt kennt, trauert sie auch weniger der Vergangenheit nach, sondern konzentriert sich wesentlich mehr auf ihre Zukunft.
Dazu „leidet“ sie an einer Hyperempathie, die verursacht, dass sie Empfindungen von anderen Menschen teilt, was gerade in diesen Zeiten mehr als nur gefährlich ist und daher auch versucht wird geheim gehalten zu werden.

Unglaubliche Sogwirkung

Der eigentliche Stil ist zwar wie ein Tagebuch aufgebaut, liest sich jedoch keinesfalls stockend und gibt jede Menge Momentaufnahmen wieder. Dass Lauren teilweise ein wenig „anders“ ist, bzw. mit ihrem Denkmuster nicht der Norm entspricht, wird auch beim Lesen schnell klar, hat mich aber unglaublich fasziniert. Das Kennenlernen der Gesellschaft und der Welt war faszinierend und erschreckend zugleich, vor allem aber die Entwicklung, die Lauren selbst durchlebt.
Denn in ihr keimt wortwörtlich die Zukunft und so gründet sie eine eigene Religion. Zuerst im geheimen für sich, bis sie beschließt immer mehr Menschen ins Vertrauen zu ziehen. Der Leitfaden ist „Gott ist Veränderung“. Ich bin selbst nicht gläubig, würde niemals jemanden den eigenen Glauben absprechen, lese aber auch nicht gerne religiöse Bücher. So hat sich bei mir hier direkt eine Abwehrhaltung breit gemacht, die Octavia E. Butler aber einfach durchbrochen hat.

Irgendwann hatte ich selbst schon das Gefühl, dass Lauren mich selbst ganz persönlich mit einbezieht und mir eine Zukunft zeigt, die ich mir selbst nicht hätte ausmalen können. Eine Einsicht und ein Weg, der so pragmatisch und „einfach“ ist, dass man es gar nicht glauben mag. Doch die Regeln des Lebens sind zwar meistens nicht fair, aber eigentlich sehr überschaubar. Diese Reise hier ist alles andere als leicht – sie ist brutal, ehrlich und hat ihre Ecken und Kanten. Und dennoch konnte und wollte ich das Buch nie aus der Hand legen, weil es mich so fasziniert hat.
Tatsächlich liest sich diese dystopische Reise fast wie ein Einzelband, doch die Fortsetzung (Neuübersetzung) kommt bald und ich freue mich unendlich darauf. Der dritte Band wurde leider nie veröffentlicht, bzw. fertig geschrieben, doch soweit ich weiß, ist auch das Ende vom zweiten Band so aufgebaut, dass man es als Abschluss sehen kann.

Endlich habe ich ein Buch von Octavia E. Butler gelesen und was soll ich sagen? Es wird auf keinen Fall das letzte von ihr sein. Erschreckend zeitlos und mit einer unfassbaren Sogwirkung, sodass ich das Buch gar nicht mehr zur Seite legen konnte. Keinesfalls leichte Kost, aber sehr empfehlenswert!

KAUFEN!

AUCH REZENSIERT VON: Buchwurm | die zukunft | fictionfantasy

1 comment found

Kommentar verfassen