Rezension | Ladies with Guns
Titel: Ladies with Guns 1 | Autor*in: Olivier Bocquet | Übersetzer*in: Hanna Reininger | Illustrator*in: Anlor | Verlag: Splitter Verlag | Erscheinungsdatum: 23.11.2022 | Seitenzahl: 64
Ihren Einstand in der Neuen Welt hatte Kathleen sich anders vorgestellt. Sie wusste, dass das Leben hart sein würde, aber dass sie im Handumdrehen ihren Mann verlieren und sich von einer wütenden Indianerin verfolgt tief im Wald wiederfinden würde, hatte sie nicht erwartet. Ebenso wenig wie die entlaufene Sklavin, über die sie dort stolpert… ein Happy End scheint jedenfalls nicht in Sicht, erst recht nicht, nachdem ihr unwahrscheinliches Trio durch ein Freudenmädchen und eine irische Seniorin zum Quintett wird. Doch so unterschiedlich die 5 Frauen auch sind, haben sie doch eins gemeinsam: Der Wilde Westen und seine Macho-Kerle haben ihnen übel mitgespielt, und sie haben große Lust, den Spieß umzudrehen.
Mit Verve und Wagemut wirbeln die »Ladies with Guns« das Westerngenre durcheinander. Denn diese Damen, die von Zeichnerin Anlor in schmissige Bilder gesetzt und von Olivier Bocquet in halsbrecherische Abenteuer geworfen werden, sind nie um einen flotten Spruch verlegen.
Vielen lieben Dank an den Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars.
Normalerweise sprechen mich Western eher weniger an. Nicht nur das Setting reizt mich nicht so, auch die Männerdomäne und der Rassismus sind jetzt nicht unbedingt verlockend für mich – doch hier bin ich neugierig geworden!
Gib mir eine Waffe!
Die junge Kathleen ist gemeinsam mit ihrem Mann auf dem Weg durch den Western. Frisch aus der Großstadt versucht ihr Mann hier nun sein Geld zu verdienen, doch irgendwie geht alles schief. Der Doktor stirbt und lässt Kathleen als Witwe allein zurück, was in der Gruppe ordentlich nach hinten los geht. Nicht nur, weil sie als alleinstehende Frau nichts mehr zu melden hat, nun hat sie auch noch um ihre letzten Habseligkeiten zu kämpfen. Bewaffnet schlägt sie sich durch die Wildnis und trifft auf, Abigail, ein junges Sklavenmädchen, das mitten im Wald im Käfig steckt. Ihre Rettungsmission wird unterbrochen von Chumani, einer Indigo, die an Kathleen eigentlich den Tod ihres Bruder retten möchte, doch irgendwie stehen die drei jungen Frauen auf einmal auf der gleichen Seite oder haben zumindest das gleiche Ziel: Das junge Mädchen aus dem Käfig zu befreien.
Genau das stellt sich aber als wesentlich schwieriger als gedacht heraus, doch wie durch ein Zufall stoßen sie auf die irische Seniorin Daisy, die den Mädchen helfen möchte. Obwohl diese schon negativ in der Stadt aufgefallen sind. Auf einmal taucht dann auch noch Cassie auf, die als Prostituierte das außergewöhnliche Zusammentreffen vollendet und eine interessante Dynamik entsteht.
Blöd nur, dass Abigail überall gesucht wird, für das, was sie ihrem „Master“ und auch noch ein paar anderen Männern „angetan“ hat und wo sich die Frauen gerade in Sicherheit wägen, steht auf einmal eine Meute von Macho-Kerlen vor der Tür, die kein Halt machen wollen, bevor sie nicht das haben, wovon sie denken, dass es ihnen zustehen würde…
Jetzt wird aufgeräumt
Schon auf den ersten Seiten werden hier so einige Themen aufgegriffen. Dabei geht es nicht nur um den schlechten damaligen Stand der Frau an sich, sondern auch um Rassismus. Kathleen und Daisy sind hier nicht die weißen Retterinnen, sondern werden selbst damit konfrontiert, dass sie so einiges nicht nachvollziehen können, so gut ihr Wille vielleicht auch sein mag.
Dass bei Chumani dennoch immer von Indianerin gesprochen wird, mag für das Setting vielleicht „authentisch“ sein, hätte ich mir bei dem reflektierten Aufbau aber dennoch anders gewünscht. Nichtsdestotrotz fand ich das Gesamtpaket aber keinesfalls schlecht – im Gegenteil.
Die fünf Frauen sind zwar noch nicht alle zu Wort gekommen, doch es wurden genügend spannende Impulse geboten, um sich ein Bild von ihnen zu machen. Und eins steht fest, sie haben die Schnauze voll. Sie wollen sich nicht weiter rumschupsen, unterdrücken und ausnutzen lassen. Und auch, wenn das alles sicherlich nicht so geplant war, sehen sie sich auf einmal ihren Widersachern gegenüber und entwickeln eine enorme Loyalität zueinander. Es eskaliert vollends und auf den letzten Seiten gibt es einen ausufernden Kugelhagel und so manches Blut – aber ich glaube, diese Reise hat gerade erst so richtig begonnen und wir können uns jetzt schon auf die Folgebände freuen!
Der Auftakt zu „Ladies with Guns“ hat mir genau das geboten, was ich mir gewünscht habe. Unglaublich spannende und unterschiedliche Charaktere, die die Zeit und die Gesellschaft nicht nur reflektieren, sondern auch ordentlich aufräumen wollen, wodurch es hier ziemlich feministisch und vor allem richtig stark und spannend im Western zugeht!
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AUCH REZENSIERT VON: ComicTalk | SPLASHComics
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