Rezension | Shelter von Ursula Poznanski

Rezension | Shelter von Ursula Poznanski

Titel: Sehlter | Autor*in: Ursula Poznanski | Verlag: Loewe | Erscheinungsdatum: 13.10.2021 | Seitenzahl: 495 | Altersempfehlung: ab 14

Die Idee war völlig verrückt und sie wären niemals darauf gekommen, wenn die Party nicht so aus dem Ruder gelaufen wäre. Aus einer Katerlaune heraus erfinden Benny und seine Freunde eine irre Geschichte über außerirdische Besucher und verbreiten sie im Internet. Gespannt wartet die Clique ab, was passiert. Zu ihrer eigenen Überraschung nehmen immer mehr Menschen die Sache für bare Münze und Bennys Versuche, alles aufzuklären, bringen ihn schon bald in Lebensgefahr.

Was, wenn du dir eine völlig absurde Geschichte ausdenkst, sie zum Spaß in die Welt setzt und plötzlich glauben alle daran? Ein schockierender Thriller über einen Streich, der zur verwirrenden Realität wird.

Vielen Dank an den Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

Da ich schon länger kein Buch der Autorin mehr gelesen habe und mich dieses Exemplar als Überraschungspost erreicht hat, wollte ich mich gerne überraschen lassen!

Erschreckende Parallelen

Darya, Liv, Till, Nando und Benny sind die letzten Gäste einer Party und nach einer Situation an diesem Abend mit einem befreundeten Pärchen, das ziemlich esoterisch angehaucht ist, kommt es in den durchzechten Köpfen zu einer wahnwitzigen Idee.
Was ist eigentlich nötig, damit Menschen auch komplett wiederlegbare Dinge und Thesen glauben können? Was wäre nötig, um selbst so etwas in die Welt zu setzen?
Was zuerst wie ein Spaß wirkt entwickelt sich schnell zu einer ausgereiften Idee und zeitgleich auch, wie passend, zu dem Thema der Bachelorarbeit für Livs Psychologiestudium.
Ab besten mischt man etwas komplett verdrehtes mit ein paar greifbaren Ansätzen, wieso also nicht von einer Alien Invasion sprechen? Und der Klimawandel ebnet den perfekten Lebensraum für die neuen Bewohner, die sich bisher noch unbekannt in die menschlichen Körper schleichen.

Jetzt denkt man „was für ein Blödsinn, total unrealistisch.“ Aber wirklich? So unrealistisch wie Echsenmenschen? Wie Chips, die einem mit der Impfung gespritzt werden? Wie Impfmücken? Wie Bill Gates, der Kinderblut trinkt? Eben. Das erschreckende daran ist, Menschen sind unglaublich anfällig für solche Verschwörungstheorien, egal wie abwegig sie sind. So lange Menschen unzufrieden, uninformiert und in den entsprechenden Kreisen unterwegs sind, glauben sie eigentlich alles. Und das ist auch nicht erst seit der aktuellen Pandemie so, sondern wohl schon die ganze Menschheitsgeschichte. Ich sag nur Hexenverbrennung, hust…

Die Kontrolle verloren

Um dem rasanten Thema von Ursula Poznanski gerecht zu werden, war es natürlich nur eine Frage der Zeit, bis auch diese Handlung außer Kontrolle gerät – was keinesfalls negativ gemeint ist. Gerade die aktuellen Parallelen sorgen dafür, dass das alles gar nicht abwegig, sondern erschreckend glaubhaft wirkt. An der Seite von Benny, aus dessen Sicht die Geschichte geschildert wird, erlebt man als Leser*in wie zuerst nur ein paar Fake-Accounts erstellt werden und im nächsten Moment das eigene Leben schon auf dem Spiel steht. Denn hierbei handelt es sich in Blitzgeschwindigkeit nicht mehr um ein Sozialprojekt und jegliche Versuche, das alles wieder aufzulösen gehen ins Leere. Ganz davon abgesehen, dass auch nicht alle ein gleichgroßes Interesse daran haben, die Sache zu beenden.

Ich kann mir gut vorstellen, dass die Autorin hiermit hauptsächlich zwei Reaktionen hervorruft – Anklang und Anerkennung oder Ablehnung. Ich gehöre ganz klar zu Ersteren. Die provokative Art lässt sich nicht schönreden und dass sich davon einige angegriffen fühlen, kann ich mir gut vorstellen. Ich persönlich bin aber der Meinung, dass auch mal ein klares Statement gegeben und Fakten auf den Tisch gelegt werden müssen und genau das tut Ursula Poznanski hier.
Ich bin zwischendurch auf das Hörbuch umgeswitcht und hab dieses im aufgedrehten Tempo gehört, was mich abends hat wachliegen lassen, weil mich die Geschichte schier in den Wahnsinn getrieben hat. Auf der einen Seite ahnt man direkt, worauf das hinausläuft und möchte so gerne eingreifen, auf der anderen Seite ist man dennoch schockiert von den Entwicklungen.

Lediglich die Auflösung war für mich nicht ganz rund. Die Idee dahinter und die Verstrickungen passen unglaublich gut und ich würde direkt meine Unterschrift daruntersetzen, irgendwie hatte ich aber doch auf etwas anderes, stimmigeres gehofft, gerne auch mit der gleichen Kernaussage. Aber irgendwer hat immer etwas zu meckern, dennoch tut dies dieser Geschichte keinen Abbruch. Ursula Poznanski überzeugt mit einem klasse Schreibstil, einer brandaktuellen Thematik, intelligent und aufklärend verpackt und wichtigen gesellschaftlichen Aspekten gestreut in der Geschichte, über die ich wirklich dankbar war. Also was bleibt mir zu sagen? Hut ab!

Ich weiß gar nicht, was ich genau bei Shelter von Ursula Poznanski erwartet hatte, aber das war es nicht. Die Geschichte bietet erschreckende Parallelen zu unserer aktuellen Lage, gibt unglaublich viele Denkanstöße und schafft es aufklrend und wirklich spannend zugleich zu sein. Eine echte Überraschung für mich und eine klare Leseempfehlung!

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