Rezension | Weil. von Martin Muser

Rezension | Weil. von Martin Muser

Titel: Weil. | Autor*in: Martin Muser | Verlag: Carlsen | Erscheinungsdatum: 27.01.2023 | Seitenzahl: 128 | Altersempfehlung: ab 14

Manuel hat versucht zu vermitteln.

Selin hat versucht sich zu wehren.

Knut hat versucht den Fehler zu korrigieren.

Philipp hat versucht Hilfe zu holen.

Esther hat versucht zu fliehen.

Vergeblich.

Eigentlich fängt alles ganz harmlos an: Fünf Jugendliche fahren in ein Haus auf dem Land, um dort fürs Abi zu lernen. Auf dem Weg nehmen sie einen jungen Anhalter mit, der ihnen schon bald auf die Nerven geht. Kurzerhand lassen sie ihn an der nächsten Tankstelle stehen, seine Tasche werfen sie später einfach aus dem Fenster. Ein verhängnisvoller Fehler. Denn am nächsten Morgen steht der Anhalter plötzlich vor ihrer Tür – in Begleitung zweier junger Männer. Sie dringen ins Haus ein und fangen an, die Jugendlichen zu tyrannisieren. Ein perfides Spiel um Macht, Gewalt und Angst beginnt … Martin Musers packendes Jugendbuchdebüt, düster und beklemmend!

Vielen Dank an den Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars!

Auf dieses kleine Büchlein war ich mächtig gespannt – nicht nur wegen der Thematik an sich, sondern auch, wie gut man das alles auf eine doch eher überschaubare Seitenzahl verpacken kann.

Eine verhängnisvolle Fahrt

Eigentlich war geplant, dass die sechsköpfige Gruppe gemeinsam ins Ferienhaus fährt, ein bisschen durchatmet, aber vor allem fürs Abi lernt. Durch eine frische Trennung waren es dann nur noch fünf, doch das soll niemanden aufhalten, oder?
So macht sich die junge Gruppe auf den Weg, philosophiert im Auto und lebt genau das Leben, das einige von uns aus der Zeit noch allzu gut kennen. Als sie einen Tramper auf der Straße entdecken, überlegen sie nicht lange und nehmen den jungen Mann mit. Ich glaube auch diese Situation kennen einige. Ich selbst bin schon als Anhalterin gefahren und habe auch schon Leute mitgenommen, die Wahrscheinlichkeit, dass das Ganze ein bisschen komisch werden kann ist leider nie so gering und die Gruppe hat natürlich wenig Glück.

Eine patzige Art und auch die ein oder andere rassistische Aussage sorgen definitiv nicht für weitere Sympathiepunkte dem Anhalter gegenüber und so nutzt die Gruppe die nächste Chance an der Tankstelle und als der Dude auf Toilette ist, fahren sie einfach los. Leider hatten sie noch seine Tasche unter der Sitzbank, doch dieses Problem wird einfach während der Fahrt durch das offene Fenster gelöst. Jetzt kann man bereits hier schon viele Entscheidungen hinterfragen, ich selbst muss aber gestehen, dass ich die Gruppe schon verstehen konnte und auch hier sind sich nicht alle einig und es herrschen Unstimmigkeiten. Lange Rede, kurzer Sinn: für sie war die Entscheidung auf jeden Fall nicht die richtige, denn kaum im Ferienhaus angekommen, steht der fremde Anhalter vor der Tür und das auch noch mit Begleitung…

„Richtig“ und „falsch“

Martin Muser schreibt zwar tatsächlich eher ruhig, schafft es aber auch gerade im Hinblick auf die überschaubare Seitenzahl gut an Atmosphäre aufzubauen. Die Charaktere bleiben dabei eher etwas blass, was mich aber auch nicht ganz so sehr überrascht hat. Denn für mehr Tiefe fehlt einfach die Zeit und dafür gibt es zu viele Mitspieler*innen in der Geschichte. Doch der Fokus liegt auch nicht wirklich darauf, die unterschiedlichen Lebenssituationen werden eher immer mal kurz angeschnitten, damit man sich dennoch ein gutes Bild machen kann, doch es ist eher das moralische Gedankenspiel, das hier eine Rolle spielt. Was ist „falsch“ und was ist „richtig“? Kann Gewalt eine Lösung sein? Welche Konsequenzen können unsere Entscheidungen und Handeln mit sich bringen?

Dabei geht es nicht um Schuldzuweisung, sondern es ist viel eher der Blick darauf, dass unglaublich viele Faktoren eine Rolle speilen können, wie eben genau hier. So gibt es natürlich schlechte Dinge, die hier auch nicht schöngeredet werden, doch manchmal hat man auch einfach nur Pech und ist zur falschen Zeit am falschen Ort. Alles in allem ist die kurze Geschichte definitiv gelungen, wenn ich mir auch noch mehr Tiefgang und Nervenkitzel gut hätte vorstellen können. Doch ich glaube, dass der Autor genau das transportieren konnte, was er sich vorgenommen hat.

Wenn ich auch finde, dass man dieses Gedankenspiel noch mehr hätte ausbauen können, schafft Martin Muser mit diesem kurzem Werk überraschend viel Atmosphäre und bringt das Wesentliche auf den Punkt. Was ist moralisch „richtig“ und „falsch“ und welche Auswirkungen und Konsequenzen können unsere Entscheidungen und unser Handeln mit sich bringen.

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