Rezension | Wenn ich die Augen schließe von Ava Reed

Rezension | Wenn ich die Augen schließe von Ava Reed

Titel: Wenn ich die Augen schließe | Autor: Ava Reed | Verlag: Loewe | Erscheinungsdatum: 08.10.2020 | Seitenzahl: 320 | Altersempfehlung: ab 14

Was, wenn du dich an alles erinnern kannst – außer an deine Gefühle?

Diese Frage stellt sich Norah nach einem schweren Autounfall. Zwar erinnert sie sich an die meisten Momente ihres Lebens, aber eben nicht an das, was sie dabei empfunden hat. Liest sie gern? Liebt sie ihren Freund? Findet sie ihre kleine Schwester tatsächlich so nervig? Nur ihren Sandkastenfreund Sam verbindet sie noch mit einem Gefühl. Doch sie hatten seit Jahren keinen Kontakt, weil Norah beliebt wurde und Sam nicht. Während die beiden sich langsam wieder annähern, entwickeln sie eine Ausprobierliste. Und plötzlich fragt sich Norah: War sie vor dem Unfall wirklich sie selbst?

»An was erinnerst du dich? Wenn es um uns geht.«
»An vieles«, flüstere ich vage.
»Auch an genug?«, hakt Sam mit belegter Stimme nach.
Ich krame in meinen Erinnerungen, lege Bild um Bild zur Seite und suche nach einer Antwort. Sie sind da, klar und bunt. Flüchtige Momentaufnahmen der Vergangenheit. Aber … keine von ihnen kann mir helfen.
Es ist weg. Das Gefühl, das man mit ihnen verbindet, das sie wertvoll und besonders werden lässt. Jedes Bild in meinem Kopf ist nichts weiter als das: ein starres, stummes und wertloses Bild.
Und in diesem Augenblick begreife ich, dass etwas nicht stimmt. Etwas in mir ist bei dem Unfall kaputt gegangen.
Alles, was ich jemals empfunden habe … ist verschwunden.

Ein wundervoller Jugendroman ab 14 Jahren über den Weg zu sich selbst und den Mut, für das einzustehen, was man liebt und wer man ist. Einfühlsam geht Ava Reed auf die Themen Gruppenzwang, Mobbing und Selbstliebe ein und zeigt, dass man genau richtig ist, so wie man ist.

Vielen Dank an den Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars!

Ich muss gestehen, dass ich eigentlich gar nicht geplant hatte, das Buch zu lesen, dann aber doch sehr gespannt war, als es mich als Überraschung vom Verlag erreicht hat.

Triggerwarnung

Wenn ich die Augen schließe kam bei mir gemeinsam mit Zwei Leben in einer Nacht an und das hatte auch einen Grund. Nicht nur, dass in beiden Geschichten ein Charaktere namens Sam auftritt, sondern weil sich beide Geschichten mit ziemlich schweren, aber vor allem wichtigen Themen beschäftigen. So gibt es auch hier eine Triggerwarnung, da sich die Geschichte unter anderem mit Suizid, Mobbing und Depressionen auseinandersetzt.

Ich habe schon ein paar Geschichten von Ava Reed gelesen und habe sie auch immer sehr gemocht, wenn mir manchmal auch noch eine Kleinigkeit gefehlt hat. Es sind meistens schöne Geschichten für zwischendurch, die einen einfach mal vom Alltag ablenken. In Wenn ich die Augen schließe geht die Autorin nun doch einen guten Schritt weiter und befasst sich mit Themen, die definitiv nicht für zwischendurch geeignet sind und auch für einen gewissen Nachklang sorgen.

Was ich an dieser Stelle, ganz abhängig vom Inhalt aber mal erwähnen möchte ist, dass sich der Schreibstil mit jedem weiteren Buch bessert und sich auszeichnet, wodurch ich definitiv nachvollziehen kann, wieso so viele Leser:innen so begeistert von Ava Reed sind.

Nun aber zum Punkt

Norah sammelt auf den ersten Seiten nicht wirklich viele Sympathiepunkte, doch das kann man kaum aufnehmen, denn schneller als man denkt ändert sich alles. Nach einem Autounfall denkt sie im ersten Moment zwar noch zu wissen, wer sie ist, doch nach und nach erkennt sie immer mehr, dass sie sich verloren hat. An welcher Stelle genau das passiert ist, gilt es nun zu ergründen. Die neue Norah ist unglaublich spannend und es macht Spaß all die kleinen Momente mit ihr zu erleben, gerade weil man im Vergleich zu ihr mehr Vergleiche zu ihrem vorherigem Leben ziehen kann.

Allerdings ist die Geschichte im stetigen Wechsel – kaum denkt man, dass das gerade ein schöner Moment fürs Herz ist, kommt auch schon die nächste Szene, die wirklich erschüttert. Nach dem teilweise unrealistischen Anfang entwickelt sich nun eine Story, die ich gerne miterlebt und entdeckt habe. Gerade auch weil nicht immer alles angenehm war und sich eben auch mit den Schattenseiten beschäftigt wurde – denn wieso Sam so lange nicht an Norahs Leben teilgenommen hat, hat seinen Grund.

Obwohl man schon wusste, in welche Richtung man steuert, war es trotzdem etwas ganz Besonderes Norah und Sam auf diesem Weg zu begleiten. Wenn ich auch sagen muss, dass mir das Ende dann ein wenig zu „einfach“ war. Empfindungen sind vollkommen unterschiedlich und ich möchte auch niemandem etwas unterstellen, was nicht so ist, doch für mich macht es ein wenig den Anschein, dass das Buch eher für Menschen ist, die bisher (zum Glück) noch keine Berührungspunkte mit den Themen wie Mobbing, Depression und Suizid hatten und ein wenig sensibilisiert werden sollen, anstatt dass hier wirklich Betroffene angesprochen werden.
Das ist absolut in Ordnung, kann aber im Nachklang für ein bisschen Zwiespalt sorgen, wie auch bei mir. Für die Geschichte ist das Ende gar nicht unpassend, nur die Realität sieht meistens anders aus.

Ava Reed hat sich in Wenn ich die Augen schließe ein paar wirklich wichtige Themen vorgenommen und diese mit ein wenig kreativem Spielraum zu einer Geschichte gesponnen, die ans Herz geht. Die eher unrealistischen Anteile, haben in meinen Augen zwar schön zur Geschichte gepasst, waren mir persönlich allerdings manchmal zu „leicht“.
Dennoch hat mich die Geschichte wesentlich mehr gepackt, als ich zuerst vermutet habe und ich hoffe, dass sie noch viele Menschen erreichen wird.

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