Rezension | Fairy Tale von Stephen King

Rezension | Fairy Tale von Stephen King

Titel: Fairy Tale | Originaltitel: Fairy Tale | Autor*in: Stephen King | Übersetzer*in: Bernhard Kleinschmidt | Verlag: Heyne | Erscheinungsdatum: 14.09.2022 | Seitenzahl: 880

Der siebzehnjährige Charlie Reade hat kein leichtes Leben. Seine Mutter starb, als er sieben war, und sein Vater ist dem Alkohol verfallen. Eines Tages offenbart ihm der von allen gemiedene mysteriöse Nachbar auf dem Sterbebett ein Geheimnis, das Charlie schließlich auf eine abenteuerliche Reise in eine andere, fremde Welt führt. Dort treiben mächtige Kreaturen ihr Unwesen. Die unterdrückten Einwohner sehen in Charlie ihren Retter. Aber dazu muss er erst die Prinzessin, die rechtmäßige Gebieterin des fantastischen Märchenreichs, von ihrem grausamen Leiden befreien.

Vielen Dank an den Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars!

Ein neuer King ist da und ich bin sofort Feuer und Flamme! Doch dieses Mal? Dieses Mal geht es vorrangig nicht um Horror…

Zwischenmenschlich und gesellschaftskritisch

Wie für Stephen King nicht unbedingt untypisch, nimmt sich der Autor auch hier erst einmal Zeit, in Ruhe in der Geschichte anzukommen und seiner Leserschaft ein Kennenlernen mit den Charakteren zu ermöglichen. Gerade auch in den Werken der letzten Jahren hat Stephen King immer mehr Charaktere geschaffen, die ich wirklich ins Herz geschlossen habe und darauf habe ich auch hier gehofft. Und was soll ich sagen? Der 17 jährige Charlie Reade hat im Sturm mein Herz erobert. Mit einer ziemlich traumatischen Kindheit hatte er es nicht leicht, vor Jahren hat seine Mutter auf der Sycamore Street Bridge einen ziemlich grausamen Tod gefunden, woraufhin sein Vater zur Flasche gegriffen hat, was den kleinen Jungen mehr gefordert hat, als es für Kinder der Fall sein sollte.
Doch ein Freund der Familie und die Treffen der Anonymen Alkoholiker hat wieder für Gleichgewicht gesorgt. Allerdings ist für Charlie mehr an der Sache dran. Denn für ihn ist ein Wunder geschehen, ein Wunder für das er gebetet und versprochen hat, etwas dafür zu tun.

Ihr kennt es, das gruselige Haus am Ende der Straße mit Bewohnern, die das Bild des Mysteriösen nur noch verstärken. In diesem Fall ist es das Haus vom grummeligen Mr. Bowditch, der dort mit seiner Bestie aka der Schäferhündin Radar lebt. Lange Zeit hat sich das in den Köpfen der Kinder (und wohl auch in einigen der Erwachsenen) festgesetzt, doch wir kommen alle in die Jahre. Und als Charlie eines Tages das klagende Bellen vom Grundstück hört, eilt er zur Hilfe. Mr. Bowditch hat sich schlimm verletzt, kurzerhand bietet sich Charlie nicht nur für die Betreuung der Hündin an, sondern auch später für die Unterstützung des alten Herren selbst. Solch eine Beziehung ist sicherlich nichts Neues, aber ich bin auch bestimmt nicht die einzige, bei der in solchen Momenten das Herz aufgeht. Stephen King widmet dieser Beziehung gut 300 Seiten und hat mir so manche Tränen in die Augen getrieben. So war der Start zwar ganz anders, als ich eigentlich gedacht hätte, aber keinesfalls schlecht oder gar langweilig. Denn es werden bereits so einige kleine Details gestreut – wie der gruselige Schuppen hinten im Garten, ein Eimer voller Gold in Mr. Bowditchs Tresor und ein ziemlich großes Geheimnis, von dem wir schon denken, dass wir wissen, worauf es hinausläuft…

Somit sei gesagt, dass der Autor auch hier wieder überzeugen und überraschen kann. Gesellschaftskritik ist keinesfalls ein neues Muster, das er gekonnt in seine Werke mit einbaut und auch hier finden so einige Spitzen ihren Platz, die zum nachdenken und Zustimmen animieren. Und auch der Fokus auf die Zwischenmenschlichen Aspekte hat mich absolut begeistert, denn wer möchte denn nicht mit den Charakteren mitfiebern?

Ein Märchen für Erwachsene

Kommen wir zur Enthüllung des großen Geheimnis, das auf den jungen Charlie Reade wartet, der für viele maßlos aufopferungsvoll wirkt – was ich keinesfalls abstreiten möchte – dennoch aber auch seine ganz eigenen Motive, Moralvorstellungen und Beweggründe hat. Nicht zuletzt ist es die alte Hündin Radar, die im Sturm sein Herz erobert hat und wer auch schon einmal so viel Liebe für ein Tier empfunden hat, kann auch alle Beweggründe nachvollziehen.
Wir haben alle nur darauf gewartet, auf das Märchen für Erwachsene, das der literarische Meister für uns im Gepäck hat. Und an dieser Stelle möchte ich bereits erwähnen, dass zumindest meine Erwartungen definitiv nicht zu hoch gestochen waren. Mit vielen Verweisen und Anspielungen beginnt alles mit dem Kaninchenbau im gruseligen Schuppen, der den Weg in eine andere Welt öffnet und somit auch dem Schaffer dieser Geschichte einen freien Lauf seiner Fantasie gönnt.

Hier will ich euch natürlich nichts vorwegnehmen und bleibe bei der groben Aussage, dass Stephen King nicht nur ein Meister des Horrors ist, sondern auch in sämtlichen anderen Genres zu brillieren weiß. Gabriela von Buchperlenblog hat dieses Buch als „Geschenk“ an die Leser*innen bezeichnet und ich kann mich dem nur anschließen. Stephen King nimmt viele bekannte und beliebte Elemente, honoriert die Arbeit vieler anderer Autor*innen und schafft es seine ganz eigene Note in dieses Abenteuer zu bringen. Ich liebe seinen Schreibstil, bin immer wieder begeistert, dass er seine Stimme auch für das Aufweisen von so manchen Missständen nutzt und kann mich in seinen Geschichten einfach verlieren. Es ist nicht nur die Idee und das Setting, sondern auch die Charaktere, die diese Geschichte antreiben und ihr Leben einhauchen. Die Geschichte über einen Jungen, der loszog, um einen Hund zu retten und ein ganzes Königreich gefunden hat, das seine Hilfe braucht.

Ganz große Liebe – das trifft es wohl sehr gut. Mit Fairy Tale hat Stephen King nicht nur einfach ein Märchen für Erwachsene geliefert, sondern den Beweis, dass dieser Autor durch sämtliche Genre reisen kann. Sondern auch eine Geschichte, voller Emotionen, Abenteuer und Fantasie, in der ich mich verloren habe und jede einzelne Seite geliebt habe. Ein großer King, der zwar an den Wurzeln festhält, aber dennoch zu überraschen weiß – greift zu!

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AUCH REZENSIERT VON: Buchperlenblog | Seitenzauberin

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