Rezension | Mit leeren Augen

Rezension | Mit leeren Augen

Titel: Mit leeren Augen |  Autor*in: Diego Agrimbau | Übersetzer*in: Harald Sachse |  Illustrator*in: Juan Manuel Tumburus |  Verlag: Splitter VerlagErscheinungsdatum: 22.03.2023  |  Seitenzahl: 80

1916, irgendwo an der Ostfront zwischen Polen und Russland. Hinter den Toren eines Waisenhauses verbirgt sich unfassbares Grauen: Zwischen den Trümmerteilen des zerstörten Gebäudes und den verrottenden Leichen seiner ehemaligen Bewohner haben drei Kinder überlebt. Inmitten des unmenschlichen Krieges mussten sie dafür zu Monstern werden, denn sie ernähren sich von verlorenen Soldaten, die sie in ihr Domizil locken, umbringen und verspeisen. Eine der Waisen erträgt diese Art zu leben jedoch nicht länger und findet neue Freunde in den wunderschönen Porzellanpuppen, die in einem der vielen Räume des Waisenhauses auf hohen Regalen sitzen. Ihre ewig starr lächelnden Münder versprechen ihm Hilfe, wenn er ihnen ihren sehnlichsten Wunsch erfüllt…

Ein intensiver Horrorcomic, dessen unheimliche Atmosphäre durch den kindlich-unschuldig wirkenden Zeichenstil des Argentiniers Juan Manuel Tumburu bis ins Unerträgliche gesteigert wird. Wirklich nichts für schwache Nerven!

Vielen lieben Dank an den Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars.

Uhhh…wie habe ich mich auf diesen Titel gefreut! Mit Hoffnung auf Gänsehautmomente bin ich hier direkt ins Leseabenteuer gestürzt.

Ab 18 Jahren?

Für Bücher, Comics & Co gibt es keine FSK, durchaus aber natürlich eine Altersempfehlung. So wusste ich ja, welches Genre mich hier erwartet, doch der „Ab 18 Jahren“ Sticker hat mich doch verwundert. (Aber sind wir ehrlich, MEINE Vorfreude ist dadurch nur noch größer geworden.)
Aber ja, die Empfehlung kann ich hier durchaus verstehen, wenn ich die grenzen auch ein wenig lockerer sehe, so ist dies definitiv kein Comic, den man unbedingt Kindern in die Hand drücken sollte, nur weil die Protagonist*innen selbst welche sind.
1916 und inmitten der Ostfront zwischen Polen und Russland liegt ein abgeschiedenes Waisenhaus, das allerdings nur noch von drei Kindern, den letzten Überlebenden dieser harten Zeit, bewohnt ist.
Während Maurice, der Sohn der ehemaligen Führung, nun Zuhause den Hut auf hat, muss das Geschwisterpärchen, bestehend aus Ophelia und Otto, immer wieder durch den Wald streifen und Soldaten nach Hause locken, denn schließlich muss Essen auf den Tisch.

Ja, genau. Die Soldaten sind das…Essen. Also auf in das schaurige Reich des kleinen Kannibalen Clubs. Allerdings haben die beiden Geschwister wesentlich weniger Freude an diesem Vorgehen als Maurice, nur bleibt ihnen kaum eine Wahl. Denn wenn man ehrlich ist, können sie mit zwar nicht leben, aber ohne wohl auch nicht. Wo Ophelia schon abgestumpft ist, zerbricht der kleine Otto immer mehr daran und sucht Zuflucht und Gesellschaft bei den Porzellanpuppen, die ihm eine unheimliche Verbundenheit zu den verstorbenen Kindern geben.
Doch was, wenn die Puppen gar nicht so leblos sind, wie man denkt? Was, wenn sie Otto helfen, solange er ihnen nur diesen einen Wunsch erfüllt?

Zeichnung Zeichnung @Juan Manuel Tumburus | Splitter Verlag

Einfach grandios

Das ganze Szenario ist einfach so schockierend und zeitgleich fesselnd, dass ich nur meinen Hut ziehen kann. Unglaublich atmosphärisch, abgestimmt von Story und Artwork habe ich mich direkt von der ersten Seite an in dieser Geschichte verloren.
Das Schicksal der Kinder ist gleichermaßen erschreckend wie das, das ihre Opfer ereilt und in den Szenen wird definitiv nichts beschönigt. So ist das Gewaltpotenzial schon enorm und das Trauma mehr als nachvollziehbar, doch dann kommt auch noch das Ding mit den Porzellanpuppen…

Puppen & Co. sind ja schon ein bekanntes Muster in dem Genre und meiner Meinung nach schwächt dieses Mittel auch nicht ab. Ohne hier zu viel verraten zu wollen, hat sich das Kreativteam aber doch etwas Besonderes einfallen lassen, was traurig-schön und gruselig zugleich ist. Ich bin echt mit anhaltendem Atem über die Seiten geflogen, nur um am Ende wie ein kleines Häufchen Elend zurückgelassen zu werden, denn mit diesem Ausgang hatte ich dann doch nicht gerechnet.
Einfach unfassbar gut, eine Story, die mir noch lange im Kopf bleiben wird!

Zeichnung @Juan Manuel Tumburus | Splitter Verlag

Ich hab ja schon einiges erwartet, doch das Ergebnis war einfach überwältigend. Ein unglaublich guter Horrorcomic, der direkt unter die Haut geht – traurig und erschreckend zugleich mit einem fantastischen Artwork. Definitiv für eine ältere Leserschaft ausgelegt, aber eine ganz große Empfehlung von mir für Genrefans!

KAUFEN!

AUCH REZENSIERT VON: folgt

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